Reggae

Reggae

Inhaltsverzeichnis

Was ist Reggae?

Reggae ist heute einer der wichtigsten populären Musikstile, der seinen Ursprung in Jamaika hat. Sie entstand dort Ende der 1960er Jahre und verbreitete sich, ausgehend von Großbritannien, spätestens ab 1968 zunehmend weltweit. Seit 2018 ist die jamaikanische Reggae-Musik Immaterielles Kulturerbe.

Die Geschichte des Reggae

Reggae entstand Ende der 1960er Jahre in Jamaika und wurde stark von amerikanischen Musikstilen wie Soul, R&B, Blues, Country und Jazz beeinflusst, die über das Radio auf die Insel gelangten. Seine direkten Vorläufer waren Mento, Ska und Rocksteady. Seit seiner Entstehung hat sich Reggae zu einer der wichtigsten Strömungen der populären Musik entwickelt.

Der Ursprung des Begriffs „Reggae“ ist nicht eindeutig geklärt. Bob Marley vermutete eine Ableitung vom lateinischen „rex“ (König) und interpretierte den Begriff als „Musik des Königs“, während der Produzent Bunny Lee das Wort mit dem jamaikanischen Slangbegriff „streggae“ in Verbindung brachte, der eine nachlässig gekleidete Person oder ein „leichtes Mädchen“ bezeichnet. Der erste Song, der das Wort enthielt, war „Do the Reggay“ (1968) von Toots & the Maytals, gefolgt von „Regay Time“ von Don T. Lee. Als erste echte Reggae-Songs gelten „People Funny Boy“ (1968) von Lee „Scratch“ Perry und „Bangarang“ von Stranger Cole und Lester Sterling.

Der typische Reggae-Rhythmus entwickelte sich aus der Ska-Tradition, indem amerikanische R&B-Songs gecovert wurden und die Betonung auf den zweiten und vierten Taktschlag gelegt wurde. Dieser Rhythmus verlangsamte sich beim Übergang vom Ska zum Rocksteady und schließlich zum Reggae. Reggae war von Anfang an vor allem Tanzmusik, deren Verbreitung durch mobile Diskotheken, so genannte „Sound Systems“, gefördert wurde. Betreiber wie Clement „Sir Coxsone“ Dodd, Arthur „Duke“ Reid und Cecil „Prince Buster“ Campbell waren entscheidende Pioniere der jamaikanischen Musikproduktion. Der erste Reggae-Hit mit weltweiter Ausstrahlung war Desmond Dekkers „The Israelites“ (1968), der in Großbritannien und Deutschland die Charts anführte.

In Großbritannien wurde Reggae Ende der 1960er Jahre zunächst in der Skinhead-Szene populär. Der als „Skinhead Reggae“ bekannte Sound wurde mit Songs wie „Skinhead Moonstomp“ von Symarip oder „Skinheads A Bash Dem“ von Joe the Boss gezielt für dieses Publikum produziert. Später verlor Reggae für viele Skinheads an Bedeutung, vor allem als sich die Musik stärker auf Themen der schwarzen Identität konzentrierte. Dennoch gibt es bis heute eine Szene sogenannter „Traditional Skins“ oder „Trojan Skins“, die sich auf den ursprünglichen, unpolitischen Geist der Bewegung berufen und den klassischen Reggae-Sound weiter pflegen.

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Entwicklung und moderne Spielarten

Reggae hat sich seither in zahlreiche Subgenres aufgespalten. Eine der wichtigsten Entwicklungen war Dub, eine minimalistische Variante mit starkem Einsatz von Studioeffekten und kaum Gesang. Dub-Effekte sind bis heute fester Bestandteil vieler Reggae-Varianten. Bereits in den 1970er Jahren wurden auf den B-Seiten von Singles Dub-Versionen von Songs veröffentlicht. Diese „Versionen“ wurden live von Deejays mit gesprochenen Texten ergänzt – eine Technik, die als „Toasting“ bekannt wurde und sich vom Jazz-Scat-Gesang ableitet.

Aus dem Toasting entwickelte sich später der Raggamuffin (kurz Ragga), der zunehmend elektronische Elemente integrierte. Gleichzeitig beeinflusste das Toasting auch die Entstehung des Hip-Hop in New York. In den 1980er Jahren entstand auch Dancehall, eine moderne, schnellere und oft digital produzierte Form des Reggae. Der Begriff „Dancehall“ ist dabei doppeldeutig: Er bezeichnet sowohl eine Stilrichtung als auch die Orte, an denen große Tanzveranstaltungen stattfinden.

Reggae als Weltkulturerbe

Die UNESCO hat Reggae 2018 zum immateriellen Weltkulturerbe der Menschheit erklärt. Die jamaikanische Regierung begründete ihren Antrag mit der tiefen kulturellen Verwurzelung der Musik in der Gesellschaft und ihrer zentralen Rolle innerhalb der Rastafari-Gemeinschaft. Reggae wurde als wichtiger Ausdruck von Glaube, Widerstand, Liebe und Menschlichkeit gewürdigt. Nach der offiziellen Verkündung feierten die Delegierten spontan zu den Klängen von Bob Marleys „One Love“.

Texte im Reggae

Die meisten Reggae-Songs werden in Jamaica Patois gesungen, einer auf dem Englischen basierenden Kreolsprache, die zahlreiche eigene Wortschöpfungen enthält. Inhaltlich zeichnen sich die Texte des Roots-Reggae durch sozialkritische Themen aus. Sie prangern soziale Missstände an, fordern Gerechtigkeit und betonen die afrikanischen Wurzeln der Jamaikaner. Ein weiteres zentrales Motiv ist love, peace & unity („Liebe, Frieden und Einheit“). Auch der Konsum von Marihuana wird in vielen Liedern thematisiert, oft im religiösen Kontext der Rastafari-Kultur, in der Cannabis als heilig gilt.

Der moderne Dancehall-Reggae weist dagegen – ähnlich wie viele Hip-Hop-Songs – häufig provokante Texte auf. Die so genannten Slackness-Lyrics behandeln explizit sexuelle oder gewaltverherrlichende Inhalte, auch homophobe Aussagen sind weit verbreitet. Als Reaktion auf diese Entwicklung entstand der Conscious Reggae, der sich wieder stärker auf soziale, politische und spirituelle Themen konzentriert und eine positive Botschaft in den Vordergrund stellt.

Musikalische Merkmale des Reggae

Ein zentrales Stilmittel des Reggae ist die charakteristische Offbeat-Phrasierung. Dabei betonen Gitarre, Keyboard oder gelegentlich auch Bläser die sonst unbetonte zweite und vierte Zählzeit eines Taktes. Während im Ska eher die „und“-Zählzeiten betont werden, ist der Reggae langsamer und weniger von Bläsern geprägt.

Instrumentierung

Klassische Reggaebands bestehen typischerweise aus Schlagzeug, E-Bass, E-Gitarre, Keyboard und Gesang. Ergänzend werden oft Bläsersektionen und Percussioninstrumente eingesetzt. In modernen Reggae-Spielarten wie Dancehall, Ragga oder Reggaeton dominieren elektronische Klangerzeuger wie Sampler und Computer. Das Schlagzeug ist hier meist synthetisch verstärkt und orientiert sich stärker an Rock- oder Disco-Sounds.

Der Bass

Der Bass spielt im Reggae eine herausragende Rolle, da er das musikalische Fundament bildet und oft das zentrale Thema eines Songs vorgibt. Er steht im Kontrast zu den Offbeats und trägt wesentlich zur rhythmischen Tiefe bei. Zu den bekanntesten Reggae-Bassisten gehören Aston Barrett und Robbie Shakespeare.

Das Schlagzeug

Das Schlagzeug im Reggae zeichnet sich durch zwei charakteristische Spielweisen aus:

  • One Drop: Die Bassdrum betont ausschließlich die dritte Zählzeit, während die Hi-Hat durchgehend fein gerieselt wird. Die erste Zählzeit bleibt oft unbetont, kann aber zu Beginn einer neuen Strophe oder eines Refrains betont werden. Gelegentlich kommen kurze Fills oder Soli vor.
  • Rockers: Alle vier Zählzeiten werden mit der Bassdrum gespielt, während auf der dritten Zählzeit gleichzeitig die Snaredrum erklingt. Dieser Stil entstand Mitte der 1970er Jahre unter dem Einfluss des aufkommenden Disco-Sounds.

Oft wird das Schlagzeugspiel durch zusätzliche Percussion ergänzt. Besonders einflussreiche Schlagzeuger sind Carlton Barrett und Sly Dunbar.

Die E-Gitarre

Im Reggae übernimmt die Gitarre hauptsächlich eine rhythmische Funktion und betont konsequent den Offbeat. Manchmal wird der Bass gedoppelt, um das harmonische Fundament zu verstärken. Gelegentlich haben Gitarristen auch Raum für Soli, die dem Song eine individuelle Note verleihen. Bedeutende Reggae-Gitarristen sind u. a. Al Anderson, Peter Tosh, Earl „Chinna“ Smith, Ben Harper, Junior Marvin, Ernest Ranglin und Donald Kinsey.

Keyboard und Orgel

Das Keyboard, insbesondere die Hammond-Orgel, ist ein weiteres zentrales Element des Reggae-Sounds. Häufig werden klassische Piano- oder Orgelklänge verwendet, gelegentlich auch synthetische Sounds. Neben der reinen Offbeat-Begleitung gibt es zwei verbreitete Spielweisen:

  • Die Betonung der zweiten und vierten Zählzeit.
  • Eine erweiterte Variante mit zusätzlicher Betonung der „und“-Zählzeiten.

Keyboard-Soli sind eher selten, während Orgel-Soli häufiger sind. Wichtige Keyboarder im Reggae sind Earl „Wya“ Lindo, Tyrone Downie, Ian Wynter und Bernard „Touter“ Harvey. Einer der bedeutendsten Orgelspieler war Jackie Mittoo, eine zentrale Figur bei Studio One. Erwähnenswert sind auch Augustus Pablo, bekannt für sein Melodica-Spiel, und Monty Alexander, ein Jazzpianist mit Reggae-Einflüssen.

Blasinstrumente

In traditionellen Reggae-Bands besteht der Bläsersatz in der Regel aus drei Musikern. Üblich sind Posaune, Trompete und Saxophon. Ihre Melodien verleihen dem Sound zusätzliche Tiefe und sind vor allem im klassischen Roots-Reggae ein prägendes Element.

Liste bekannter Reggae-Musiker

  • Ambarino
  • Bob & Marcia
  • Bob Marley
  • Boundzound
  • Bunny Wailer
  • Culcha Candela
  • Desmond Decker
  • Gentleman
  • GReeeN (Pasquale Valentin)
  • Hans Söllner
  • Heart Beat Band
  • Jan Delay
  • Jimmy Cliff
  • Moonraisers
  • Peter Fox
  • Peter Tosh
  • Polo Hofer (Rumpelstilz, Polo’s Schmetterding)
  • Rumpelstilz
  • Seeed
  • Spliff
  • Taugenixe
  • The Gents
  • Third World
  • X-Legs