1920-1929

Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts - 1920-1929

Inhaltsverzeichnis

Ein Fundament für das Jahrhundert (1920-1929)

Die 1920er Jahre (1920-1929) waren ein wegweisendes Jahrzehnt für die Musik, geprägt durch die Popularisierung verschiedener Genres wie Jazz, Blues und früher Country-Musik. Auch die klassische Musik erlebte bedeutende Entwicklungen, insbesondere durch den aufkommenden Neoklassizismus und erste Einflüsse des Jazz. Gleichzeitig entstanden die frühen Formen der Swing-Musik, die den Grundstein für ihre breite Popularität in den 1930er Jahren legten.

Technologische Innovationen wie Radio und Schallplatten spielten eine zentrale Rolle bei der Verbreitung dieser Musikstile. Sie ermöglichten es, ein breiteres Publikum zu erreichen, trugen zur Entstehung einer nationalen Musikkultur bei und ebneten den Weg für zukünftige musikalische Entwicklungen im 20. Jahrhundert.

Darüber hinaus bildeten die 1920er Jahre das Fundament für viele populäre Musikrichtungen der folgenden Jahrzehnte. Genres wie Jazz, Blues und Country beeinflussten zahlreiche spätere Stilrichtungen, darunter Swing, Rhythm and Blues und Rock ’n’ Roll. Dieses Jahrzehnt war nicht nur von musikalischer Innovation geprägt, sondern auch von tiefgreifenden kulturellen Veränderungen – etwa durch die Harlem Renaissance oder neue gesellschaftliche Rollenbilder für Frauen.

Die Entwicklungen dieser Zeit waren keine isolierten Ereignisse, sondern Teil eines größeren Kontinuums musikalischer Neuerungen. Sie trugen maßgeblich dazu bei, die Musiklandschaft des 20. Jahrhunderts zu formen und hinterließen nachhaltige Spuren in der Musikgeschichte.

Die Bühne für eine musikalische Revolution

Die 1920er Jahre, bekannt als das „Jazz-Zeitalter“, waren eine Ära tiefgreifender gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Umbrüche, insbesondere für Afroamerikaner. Nach den Ernüchterungen des Ersten Weltkriegs entstand ein starkes Verlangen, das Leben intensiver zu genießen. Dieses Jahrzehnt war geprägt vom Spannungsfeld zwischen einer modernen, urbanen und kosmopolitischen Kultur und einer eher traditionellen, ländlich geprägten Gesellschaft – eine Dynamik, die sich besonders in der Musik widerspiegelte. Jazz erlebte eine explosionsartige Verbreitung, der Blues gewann zunehmend an Popularität, und die ersten Ansätze der Country-Musik zeichneten sich ab. Innovationen wie Radio und Schallplatten revolutionierten die Verbreitung und den Konsum populärer Musik, wodurch sie einem breiteren Publikum zugänglich wurde.

Der Begriff „Jazz-Zeitalter“, maßgeblich geprägt durch F. Scott Fitzgerald, unterstreicht die zentrale Bedeutung des Jazz für die kulturelle Identität dieser Zeit. Er wurde zum Symbol eines gesellschaftlichen Wandels. Fitzgeralds Schriften verstärkten diese Verbindung und machten den Jazz zu einer Art Metapher für den Geist der Epoche. Die kulturelle Spaltung jener Zeit lässt zudem vermuten, dass unterschiedliche Musikstile bei verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen Resonanz fanden. Darüber hinaus könnte der Drang, nach den Entbehrungen des Krieges das Leben neu zu feiern, die Beliebtheit ausgelassener Musikformen wie des Jazz und der dazugehörigen Tänze zusätzlich befeuert haben. Dieser Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Stimmung und musikalischem Ausdruck verdient eine genauere Betrachtung.

Der Aufstieg des Jazz und seine frühen Formen (frühe 1920er Jahre)

Der Jazz entwickelte sich in New Orleans, Louisiana, aus der Verschmelzung angloamerikanischer, afrikanischer und kreolischer Einflüsse und war tief in der afroamerikanischen Kultur verwurzelt. Charakteristisch für den frühen Jazz waren vor allem Improvisation und synkopierte Rhythmen. Eine der ersten Jazzformen, der Dixieland Jazz – auch als traditioneller oder Hot Jazz bekannt –, entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts in New Orleans. Obwohl dieser Stil eng mit den dortigen Jazz-Pionieren verbunden ist, beeinflussten auch Musiker aus Chicago seine Entwicklung.

Der Begriff „Dixieland“ leitet sich ursprünglich von der Original Dixieland Jass Band ab (später „Jazz“ Band), einer weißen Gruppe aus New Orleans, die 1917 als erste eine Jazzaufnahme veröffentlichte. Ihr Sound kombinierte afroamerikanischen Ragtime mit sizilianischen Musikeinflüssen. Obwohl die Band die Urheberschaft für diesen Musikstil beanspruchte, waren es afroamerikanische Musiker wie Buddy Bolden, Louis Armstrong, King Oliver und Jelly Roll Morton, die den Jazz maßgeblich formten. Insbesondere King Olivers Creole Jazz Band, in der ein junger Louis Armstrong spielte, nahm 1923 die ersten als authentisch geltenden Jazz-Stücke im New Orleans-Stil auf.

Musikalisch zeichnete sich Dixieland durch eine kollektive Improvisation aus, bei der mehrere Musiker gleichzeitig improvisierten, anstatt sich auf einzelne Soli zu konzentrieren. Die typische Besetzung bestand aus Trompete (oder Kornett), Klarinette, Posaune, Klavier, Kontrabass (oder Tuba), Schlagzeug und Banjo (oder Gitarre). Später brachten Musiker wie Louis Armstrong das individuelle Solo stärker in den Vordergrund und erweiterten damit die Ausdrucksmöglichkeiten des Jazz.

Die frühe Jazzszene in New Orleans profitierte von der einzigartigen städtischen Kultur der Stadt, die durch getrennte Viertel für Kreolen, Weiße und ehemals versklavte Afroamerikaner gekennzeichnet war. Diese sozialen Strukturen schufen ein fruchtbares Umfeld für musikalische Innovationen. Allerdings zeigt die Tatsache, dass eine weiße Band – die Original Dixieland Jazz Band – die erste Jazzaufnahme veröffentlichte und zunächst die Aufmerksamkeit der Musikindustrie erhielt, auch die rassistischen Dynamiken jener Zeit und die Aneignung afroamerikanischer Musik durch weiße Musiker auf.

Ein bedeutender Wendepunkt in der Entwicklung des Jazz war die Schließung von Storyville (dem Rotlichtviertel von New Orleans) während des Ersten Weltkriegs, die viele Musiker dazu veranlasste, nach Chicago zu migrieren. Diese Bewegung führte zur Entstehung des Chicago-Stils, der sich durch eine stärkere Betonung von Soli und ein schnelleres Tempo vom ursprünglichen New Orleans-Jazz unterschied. Besonders Louis Armstrong spielte eine Schlüsselrolle in dieser stilistischen Entwicklung, indem er die improvisatorische Freiheit eines einzelnen Solisten in den Mittelpunkt rückte – eine Neuerung, die den Jazz nachhaltig veränderte.

Die wachsende Popularität der Bluesmusik (frühe bis mittlere 1920er Jahre)

Der Blues, eng mit persönlichen Schicksalsschlägen verknüpft, erzählte oft von den harten Realitäten des von Rassentrennung und Vorurteilen geprägten Südens. Seine Wurzeln reichen tief in die Tradition der afrikanischen Spirituals, die von versklavten Menschen als Ausdruck ihrer Widerstandskraft gesungen wurden. Einen Meilenstein in der Geschichte des Blues setzte Mamie Smith mit „Crazy Blues“ im Jahr 1920 – die erste Aufnahme eines Blues-Gesangs, die sich als Sensation erwies. Dies weckte das Interesse der Plattenfirmen am afroamerikanischen Musikmarkt und leitete eine neue Ära ein.

In den 1920er Jahren prägten Künstlerinnen wie Ma Rainey („Mutter des Blues“) und Bessie Smith („Kaiserin des Blues“) das Genre maßgeblich. Ihre Aufnahmen machten den Blues einem breiten Publikum bekannt, wobei Bessie Smith mit Hits wie „Downhearted Blues“ und „’Tain’t Nobody’s Biz-Ness If I Do“ im Jahr 1923 große Erfolge feierte. Parallel dazu etablierten sich die sogenannten „Race Records“, speziell für ein schwarzes Publikum produzierte Schallplatten, die Afroamerikanern eine Plattform boten, um ihre kulturelle Identität musikalisch auszudrücken. Sängerinnen wie Mamie Smith, Ethel Waters und Bessie Smith avancierten zu den Stars dieser neuen Plattenkategorie.

Während frühe Blues-Queens oft vielseitige Künstlerinnen waren, spezialisierten sich Ma Rainey, Bessie Smith und Ida Cox auf einen Bluesstil, der tief in afroamerikanischen Volkstraditionen verwurzelt war. Der durchschlagende Erfolg von „Crazy Blues“ im Jahr 1920 verdeutlichte die wirtschaftliche Bedeutung des afroamerikanischen Marktes für die Musikindustrie und führte zu einem regelrechten Boom bei Aufnahmen schwarzer Bluesmusiker. Die Titel „Mutter des Blues“ und „Kaiserin des Blues“ unterstreichen die immense kulturelle und künstlerische Bedeutung dieser Pionierinnen. Gleichzeitig spiegelte die Entstehung der „Race Records“ die segregierte Gesellschaft jener Zeit wider – doch sie bot afroamerikanischen Künstlern zugleich eine Möglichkeit der Selbstbestimmung, indem ihre Musik innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft Anerkennung und Wertschätzung fand.

Der Beginn der Country-Musik (frühe bis späte 1920er Jahre)

Die ersten kommerziellen Aufnahmen der Country-Musik entstanden in den 1920er Jahren. 1922 nahmen die Plattenfirmen Victor und Okeh die ersten Country-Künstler unter Vertrag, darunter den Fiddler Eck Robertson, der für Victor Records „Arkansas Traveler“ und „Sallie Gooden“ einspielte. Diese Aufnahmen zählen zu den frühesten Instrumentalstücken im traditionellen Country-Stil. Als erste kommerzielle Country-Aufnahme mit Gesang und Text gilt „Little Log Cabin in the Lane“ von Fiddlin‘ John Carson, aufgenommen 1923 für Okeh Records. Ein Jahr später erzielte Vernon Dalhart mit „Wreck of the Old 97“ den ersten landesweiten Hit des Genres. Bereits 1922 fand zudem die Steelgitarre ihren Weg in die Country-Musik und prägte fortan ihren Klang.

Einen entscheidenden Meilenstein markierten die Bristol Sessions im August 1927, geleitet von Ralph Peer für Victor Records. Während dieser historischen Aufnahmesession wurden sowohl die Carter Family als auch Jimmie Rodgers entdeckt – zwei Künstler, die das Genre nachhaltig prägten. Die Carter Family aus Virginia, oft als „First Family of Country Music“ bezeichnet, nahm über 250 Lieder auf, von denen viele zu Klassikern wurden. Jimmie Rodgers, bekannt als der „Singing Brakeman“ und „Vater der Country-Musik“, kombinierte Elemente aus Hillbilly, Gospel, Jazz, Blues, Pop, Cowboy- und Folkmusik. Sein berühmtes „Blue Yodel“ verkaufte sich über eine Million Mal und trug maßgeblich zur Popularisierung des Genres bei.

Auch das Radio spielte eine zentrale Rolle für die Verbreitung der Country-Musik. „Barn Dance“-Sendungen erfreuten sich großer Beliebtheit, insbesondere bei ländlichen Hörern, die kaum Zugang zu Live-Konzerten oder Schallplatten hatten. Besonders prägend war die 1925 gestartete Grand Ole Opry in Nashville, die zur wichtigsten Plattform für Country-Künstler avancierte.

Die zeitgleiche Entwicklung instrumentaler Country-Musik (durch Eck Robertson) und vokaler Country-Musik (durch Fiddlin’ John Carson) legt nahe, dass das Genre aus verschiedenen Volkstraditionen und Aufführungsstilen hervorging. Diese Unterscheidung könnte bei der Betrachtung der frühen Country-Musik von Bedeutung sein. Die Bristol Sessions von 1927 gelten als der „Urknall“ der modernen Country-Musik, da sie den Sound des Genres für Jahrzehnte prägten. Zudem verdeutlicht der rasante Aufstieg des Radios und die Beliebtheit von „Barn Dance“-Shows die immense Bedeutung der Massenmedien für die Popularisierung der Country-Musik.

Klassische Musik: Innovation und neue Wege

Im frühen 20. Jahrhundert entwickelten sich viele Komponisten über die Spätromantik und den Impressionismus hinaus und suchten nach neuen Ausdrucksformen. Besonders nach dem Ersten Weltkrieg und in der Zwischenkriegszeit gewann der Neoklassizismus an Bedeutung. Diese Strömung entstand als Reaktion auf die emotionale Überschwänglichkeit der Romantik sowie die radikale Dissonanz der Moderne. Die Komponisten dieser Richtung orientierten sich an den ästhetischen Prinzipien des Klassizismus und betonten Ordnung, Ausgewogenheit, Klarheit, ökonomische Strukturen und emotionale Zurückhaltung. Ihre Werke ließen sich oft von der Musik des 18. Jahrhunderts inspirieren, griffen aber auch auf barocke und frühere Einflüsse zurück. Charakteristisch für den neoklassizistischen Stil waren reduzierte Instrumentalbesetzungen, eine stärkere Betonung von Rhythmus und Kontrapunkt sowie eine modernisierte tonale Harmonik.

Einer der führenden Vertreter des Neoklassizismus war Igor Strawinsky, dessen Ballett Pulcinella (1920) seine Hinwendung zu diesem Stil markierte. Auch seine Psalmensymphonie (1930) steht exemplarisch für diese Entwicklung. Maurice Ravel integrierte ebenfalls neoklassizistische Elemente, wie in Le Tombeau de Couperin (1917) und La Valse (1920). Weitere bedeutende Komponisten dieser Strömung waren Paul Hindemith und Francis Poulenc, dessen Suite in C-Dur für Klavier 1920 entstand. Sergei Prokofjews Klassische Symphonie (1917) gilt oft als Vorläufer dieser Bewegung. Parallel dazu erlebte Gustav Holsts monumentale Suite Die Planeten im Jahr 1920 ihre erste vollständige öffentliche Aufführung, während seine Fugal Overture 1922 entstand.

Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Zeit war die zunehmende Verschmelzung von klassischer Musik mit Jazzelementen, insbesondere durch Komponisten wie George Gershwin. Diese Verbindung deutet auf eine wechselseitige Befruchtung verschiedener musikalischer Welten hin und ebnete den Weg für eine allmähliche Auflösung traditioneller Genregrenzen.

Das Aufkommen des Neoklassizismus verdeutlicht ein zyklisches Muster in künstlerischen Bewegungen: Phasen intensiver Emotionalität und Experimentierfreude werden häufig von einem Streben nach Ordnung und Klarheit abgelöst. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Musikgeschichte wider. Dass Komponisten wie Strawinsky, die zunächst für avantgardistische Werke wie Le Sacre du printemps bekannt waren, sich später dem Neoklassizismus zuwandten, zeigt den großen Einfluss dieser Strömung. Nach den tiefgreifenden Umwälzungen des Ersten Weltkriegs bot der Neoklassizismus vielen Komponisten einen neuen kreativen Ansatz, der sowohl Struktur als auch Innovation vereinte.

Die Vorläufer des Swing (späte 1920er Jahre)

Swing-Musik, ein Stil des Jazz, entstand in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren in den USA und erreichte ab Mitte der 1930er Jahre breite Popularität. Ihre Ursprünge liegen in den Tanzmusikensembles der 1920er Jahre, die begannen, neue schriftliche Arrangements einzusetzen und rhythmische Innovationen von Jazzgrößen wie Louis Armstrong und Coleman Hawkins aufzugreifen. Sowohl die Weiterentwicklung der Tanzorchester als auch die Veränderungen in der Jazzmusik dieser Zeit spielten eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Swing.

Bereits ab 1923 prägte das Fletcher Henderson Orchestra mit innovativen Arrangements den aufkommenden Swing-Stil. Als Louis Armstrong 1924 zur Band stieß, rückte er die Solisten stärker in den Fokus und trug so zur stilistischen Weiterentwicklung bei. Besonders der Chicago-Jazz-Stil trennte sich von der kontrapunktischen Improvisation, die zuvor zwischen mehreren Lead-Instrumenten üblich war. Dies gab den Solisten größere Freiheiten und verstärkte den rhythmischen Drive des Swing. Armstrongs Zusammenarbeit mit dem Pianisten Earl Hines im Jahr 1927 war ein wichtiger Meilenstein in dieser Entwicklung.

Parallel dazu formten afroamerikanische Territory-Bands im Südwesten einen bluesbetonten Stil mit Riffs und Call-and-Response-Mustern, die einen kraftvollen, tanzbaren Rhythmus erzeugten. Bandleader wie Fletcher Henderson, Benny Goodman, Duke Ellington und Count Basie gewannen zunehmend an Einfluss. Mit dem Übergang der 1920er in die 1930er Jahre veränderten sich Rhythmuskonzepte und das Zusammenspiel in großen und kleinen Ensembles, was den Sound des Swing weiterentwickelte. Das Earl Hines Orchestra griff ab 1928 neue stilistische Ansätze auf, während Bennie Motens Musik eine ähnliche Wandlung durchlief – sein Titelsong „Moten Stomp“ wurde zum bezeichnenden „Moten Swing“. Als sein Orchester Ende 1932 auf Tour ging, wurde die neue Musikrichtung vom Publikum begeistert aufgenommen.

Die Entwicklung vom kollektiv improvisierten Dixieland-Jazz hin zum solistisch geprägten Swing markiert eine tiefgreifende stilistische Veränderung innerhalb des Jazz. Dieser Wandel vollzog sich schrittweise, wobei Schlüsselfiguren wie Louis Armstrong eine zentrale Rolle spielten, indem sie die Bedeutung individueller Ausdruckskraft innerhalb des Genres hervorhoben. Zudem verdeutlicht der Einfluss schwarzer Territory-Bands aus dem Südwesten die regionale Vielfalt der frühen Jazzentwicklung. Ihr bluesorientierter, tanzbarer Stil war ein wesentliches Element des entstehenden Swing-Sounds. Dass bereits in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren Musiker wie Fletcher Henderson und Earl Hines stilistische Grundlagen des Swing etablierten, zeigt, dass die Bewegung lange vor der „offiziellen“ Swing-Ära in der Jazz-Community Fuß fasste. Der spätere Erfolg von Benny Goodman basierte auf diesen frühen Innovationen und trug dazu bei, Swing einem noch größeren Publikum zugänglich zu machen.

Der Einfluss der Technologie: Radio und Schallplatten (während der gesamten 1920er Jahre)

Die 1920er Jahre brachten bedeutende technologische Fortschritte in der Musikindustrie, darunter die ersten elektrischen Aufnahmen, die rasche Verbreitung von Grammophonen und den Aufstieg des Musikradios. Während es 1921 in den USA nur fünf Radiosender gab, wuchs ihre Zahl bis zum Ende des Jahrzehnts auf 606 an. Radio entwickelte sich zur erschwinglichen Massenunterhaltung und überwand kulturelle Grenzen, indem es Musik verschiedenster Genres – darunter Jazz und Blues – direkt in die Haushalte brachte.

Parallel dazu gewann das Grammophon zunehmend an Bedeutung. Während die Klavierverkäufe zurückgingen, stieg die Produktion von Grammophonen sprunghaft an. Insbesondere die wachsende Popularität von Jazz, Blues und „Hillbilly“-Musik trieb diesen Boom voran. Um 1920 war es für viele Haushalte erstmals erschwinglich, Musikaufnahmen zu Hause zu hören. Die Einführung der elektrischen Aufnahmetechnik ab 1925 verbesserte die Klangqualität erheblich, da sie ein breiteres Klangspektrum erfassen konnte. Dadurch wurden Musikaufnahmen nuancierter und für ein größeres Publikum attraktiver.

Radio und Grammophon beeinflussten sich gegenseitig und führten zu einem tiefgreifenden Wandel der Musikindustrie. Während das Radio neue Künstler und Songs bekannt machte, förderte es zugleich den Verkauf von Schallplatten. Grammophone ermöglichten es den Hörern wiederum, Musik „on demand“ zu genießen, Lieblingsstücke beliebig oft anzuhören und sich intensiver mit ihnen auseinanderzusetzen. Dies trug zur Kategorisierung von Musik nach Genres bei und führte zu einem individuelleren Musikerlebnis.

Ein weiterer bedeutender Aspekt war die Möglichkeit, ethnische und regionale Musik – darunter Blues und frühe Country-Musik – aufzunehmen und zu bewahren. Ohne diese Fortschritte wären viele musikalische Traditionen möglicherweise verloren gegangen. Die zunehmende Verbreitung von Musik durch Radio und Grammophone schuf eine gemeinsame musikalische Erfahrung, die regionale Grenzen überwand und zur Entstehung einer nationalen Musikkultur beitrug. Diese Entwicklung beeinflusste nicht nur den kommerziellen Erfolg verschiedener Genres, sondern prägte auch die kulturelle Identität der Vereinigten Staaten nachhaltig.

Künstler von 1920 bis 1929

  • Bessie Smith (Blues)
  • Duke Ellington (Jazz)
  • Fletcher Henderson (Jazz)  
  • Jelly Roll Morton (Jazz)  
  • Jimmie Rodgers (Country)  
  • King Oliver (Jazz)  
  • Louis Armstrong (Jazz)  
  • Mamie Smith (Blues)
  • Original Dixieland Jass Band (Jazz)  
  • The Carter Family (Country)