Orgel

Orgel

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Die Orgel von altgriechisch ὄργανον órganon Werkzeug, Instrument, Organ ist ein spielbares Tasteninstrument. Es gehört zur Familie der Aerophone. Zur Unterscheidung von elektronischen Orgeln wird sie auch als Pfeifenorgel bezeichnet.

Sie gilt als „Königin der Tasteninstrumente“: die Orgel. Ihre Ursprünge liegen im Orient. Sie wurde vor allem im Barock und in der Romantik weiterentwickelt. Der Grieche Ktesibios, der ein Instrument baute, bei dem der Ton durch den Druck des Windes auf Metallpfeifen erzeugt wurde, gilt als Erfinder der Orgel.

Die Orgel besteht aus drei Hauptteilen: dem Pfeifenwerk, dem Windwerk (Gebläse, Bälge, Kanäle, Windkasten, Windladen) und dem Regierwerk, d.h. dem Mechanismus, der den Wind zu den einzelnen Pfeifen leitet (Spieltisch, Spieltraktur, Registertraktur). Vom Spieltisch aus bedient der Organist die Orgel. Die Tonerzeugung erfolgt über ein oder mehrere Manuale und gegebenenfalls das Pedal, denen die Register meist fest zugeordnet sind. Die Bewegung der Tasten wird mechanisch, pneumatisch, elektrisch oder durch Lichtwellen (Glasfaser) über die Traktur auf die Ventile unter den Pfeifen übertragen. Der Organist ruft mit den Registerzügen bzw. Registertasten einzelne Pfeifenreihen unterschiedlicher Tonlage und Klangfarbe (Register) auf und erzeugt so unterschiedliche Klangmischungen.

Geschichte

Bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden die Vorläufer der modernen Orgel. Als bahnbrechender Erfinder gilt der griechische Techniker Ktesibios, einem Ingenieur in Alexandrien, der neben einer Wasseruhr und einer Feuerspritze auch das „organon hydraulikon“ entwickelte – ein Instrument, bei dem durch Metallpfeifen ein gleichmäßiger Winddruck erzeugt wurde. Der Name „Wasserpfeife“ leitet sich von dem durch Wasser erzeugten Winddruck ab, und diese frühen Orgeln wurden zunächst in der Hausmusik eingesetzt.

Die Verwendung der Orgel erstreckte sich von Griechenland bis ins Römische Reich, wo sie als weltliches Instrument im Theater und im Zirkus eingesetzt wurde. Der Orgelbau entwickelte sich stetig weiter, wobei der Winddruck nicht mehr nur durch Wasser, sondern auch durch einen von Hand betätigten Blasebalg erzeugt wurde. Die frühen Christen standen der Orgel zunächst distanziert gegenüber, da sie auch bei Unterhaltungsspielen in der Arena eingesetzt wurde, was während der römischen Christenverfolgungen zu Spannungen führte.

Im Mittelalter prägte der gregorianische Choral die Liturgie, und die Orgel spielte noch keine begleitende Rolle, sondern wechselte sich mit den gesungenen Chorälen ab. Erst nach der Reformation entwickelte sich in der katholischen Kirche eine eigenständige Orgelmusik. Während die Orgelmusik in den Kirchen der Reformation wie bei Calvin und Zwingli verboten war, erlebte sie im Barock unter Komponisten wie Bach und Buxtehude eine Blütezeit. Der Orgelbau erreichte ein hohes Niveau und die Orgellandschaft in Mittel- und Südeuropa blühte auf.

In der Klassik stand die Orgel etwas im Abseits, doch in der Romantik gewann sie wieder an Popularität, vor allem durch den Einfluss des Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll in Frankreich. Im 19. und 20. Jahrhundert fand die Orgel auch außerhalb der Kirchen Verwendung, vor allem in Konzertsälen und Kinos. In den Kinos begleitete die Orgel die Stummfilme, bis sie mit der Einführung des Tonfilms ihre Funktion verlor. Heute ist die Orgel aus dem Gottesdienst nicht mehr wegzudenken, wobei neben der klassischen Pfeifenorgel auch die Digitalorgel Einzug gehalten hat, wenngleich dies nur in Ausnahmefällen akzeptiert werden sollte, um der Würde der Liturgie und des Kirchenraumes gerecht zu werden.

Aufbau

Jede Orgel besteht in erster Linie aus einer Vielzahl von verschiedenen Pfeifen. Je nach Größe und Material erzeugen sie einen bestimmten Klang. Pfeifen gleicher Bauart werden zu so genannten Registern zusammengefasst. Diese Register werden oft nach der Art ihres Klanges benannt: So gibt es zum Beispiel das Trompetenregister oder das Blockflötenregister. Die Pfeifen dieser Register klingen also, wenn sie gespielt werden, wie eine Trompete oder wie eine Blockflöte.

Die Orgel wird von einem Spieltisch aus bedient. Dort befinden sich meist mehrere Reihen von Tasten, ähnlich wie bei einem Klavier. Auf Knopfdruck öffnet sich über eine mechanische Steuerung ein Ventil. Durch dieses Ventil strömt Luft in eine Pfeife. Welche Pfeifen der Organist zum Klingen bringen möchte, kann er mit Hilfe der Registerzüge, die sich meist links und rechts der Klaviatur befinden, bestimmen. Ist nur ein Register angewählt, so kann z.B. mit einem Tastendruck eine einzelne Pfeife angespielt werden. Dagegen erklingen mehrere Töne, wenn man mehrere Register zieht. Auf diese Weise können mit großen Orgeln auch sehr große Kirchenräume relativ gut beschallt werden.

Große Orgeln haben manchmal auch sehr ausgefallene Register, wie zum Beispiel ein Glockenspiel oder eine Marimba. Und manche Orgeln haben auch „Scherzregister“: Im Kölner Dom zum Beispiel kommt der Dompropst plötzlich mit Jeckenmütze winkend aus dem Orgelgehäuse, wenn man das Register „Loss jon“ drückt.

Eine Besonderheit, die bei manchen Orgeln sehr auffällig ist, ist der „Schwellkasten“. Mit Hilfe einiger Jalousien, die mit einem Pedal geöffnet und geschlossen werden können, kann der Organist die Lautstärke seines Spiels regulieren.

Ton bzw. Klangerzeugung

Das Prinzip der Pfeifenorgel ist heute noch dasselbe wie bei ihrer Erfindung vor über 2000 Jahren: Luft, die kontrolliert in verschiedene Pfeifen strömt, erzeugt einen Ton. Zwar wird der Winddruck heute durch ein elektronisches Gebläse gesteuert; früher konnte man oft beobachten, wie Gemeindemitglieder dazu den Blasebalg der Orgel betätigen mussten.

Spieltechnik

Die Kunst des Manualspiels wird entscheidend vom Druckpunkt der Tasten beeinflusst. Dieser liegt bei mechanischen Orgeln am Anfang des Tastenweges, ähnlich wie beim Cembalo. Hier muss zunächst der Luftdruck am Ventil überwunden werden. Durch unterschiedliches Setzen des Druckpunktes kann die Stimmung der Pfeifen variiert werden. Im Gegensatz zum Klavier, bei dem die Saite erst am Ende des Tastenweges angeschlagen wird, bevorzugt die Orgel das Spiel mit den Fingern, sofern es der Kraftaufwand zulässt. Die Hand bleibt dabei auf den Tasten, ohne sich für einen Anschlag abzuheben.

Im Gegensatz dazu ist bei einer pneumatischen oder elektronischen Traktur der Druckpunkt nicht zu spüren, da der Gegendruck nicht durch das Ventil, sondern durch die eigenen Federn erzeugt wird. Der Kraftaufwand ist gering, was das Spielen von vollgriffiger Musik erleichtert. Das Öffnen des Ventils kann jedoch nicht beeinflusst werden. Außerdem erschweren pneumatische Trakturen durch ihr langsames Ansprechen die Artikulation und erfordern eine Anpassung des Spielers. Phrasierung und Artikulation sind auf der Orgel in der Regel intensiver als auf Streichinstrumenten, da der Ton nicht ausklingt.

Das Pedalspiel erlaubt es, sowohl mit den Zehenspitzen als auch mit den Fersen beider Füße zu spielen. Dies ermöglicht ein bis zu vierstimmiges Spiel, auch wenn dies selten praktiziert wird. Das Vor- und Zurücksetzen eines Fußes sowie das Gleiten von Taste zu Taste sind wichtige Techniken. Der Fußsatz kann wie der Fingersatz durch spezielle Notenzeichen fixiert werden, was jedoch nicht von allen Organisten einheitlich praktiziert wurde.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein bevorzugten viele Organisten das Spiel mit der Spitze, nicht zuletzt wegen der Konstruktion der Pedaltasten, die einen sinnvollen Einsatz der Ferse nur bei bestimmten Tastenkombinationen zuließ. Die Germani-Technik, benannt nach Fernando Germani, stellt Spitze und Ferse gleich und ermöglicht damit erstmals ein strenges Legato auch im Pedalspiel.

Im Zusammenhang mit Alter Musik wird heute vermehrt Wert auf historische Finger- und Fußtechniken sowie eine sensible Artikulation gelegt. Auch die genaue Ausführung der Verzierungen spielt eine wichtige Rolle.

Anschaffung und Wartung

Die Anschaffung einer Orgel ist ein Großprojekt, vergleichbar mit dem Bau eines Hauses, wenn auch in anderen Dimensionen. Die Planungsphase erstreckt sich über mehrere Jahre, in denen Investor (z.B. Kirchengemeinde oder Konzerthausbetreiber), Organist(en), Orgelbauer, Sachverständige und Ämter (Denkmalschutz, Kirchenamt) die Disposition und das Aussehen der Orgel festlegen. Der Bau einer mittelgroßen Orgel dauert etwa ein bis eineinhalb Jahre, gefolgt von zwei Monaten Montage in der Werkstatt und weiteren Wochen für die klangliche Abstimmung vor Ort. Die Kosten für ein einzelnes Orgelregister liegen zwischen 5.000 und 20.000 Euro.

Zur regelmäßigen Wartung der Orgel gehört das jährliche Stimmen, wobei alle zwei Jahre eine Komplettstimmung durchgeführt wird. Der Organist stimmt die Zungenstimmen bei Bedarf selbst. Eine Stimmung dauert einen Tag und kostet bis zu tausend Euro. Alle 15 bis 25 Jahre muss die Orgel gereinigt werden, um Staub- und Schmutzablagerungen zu entfernen. Diese aufwändige Maßnahme dauert etwa zwei Monate und kostet 20.000 bis 30.000 Euro, sofern keine weiteren Reparaturen notwendig sind. Der Gebrauchtmarkt gewinnt seit den 1990er Jahren vor allem für kleinere Kirchen, die geschlossen oder umgewidmet werden, an Bedeutung. Für Orgelbauer ist der Ankauf von historischen Einzelregistern für Restaurierungen interessant, da die Unvollkommenheiten früherer Herstellungsverfahren aufwendig zu rekonstruieren sind.

Instrument des Jahres 2021

Die Orgel wurde von den Landesmusikräten zum Instrument des Jahres 2021 gewählt. Mit dieser besonderen Auszeichnung wird die Bedeutung und Vielseitigkeit der Orgel sowie ihre herausragende Rolle in der Musik gewürdigt.