Fagott

Fagott

Inhaltsverzeichnis

Das Fagott ist ein Holzblasinstrument, das sich durch seinen tiefen, charakteristischen Klang und sein markantes Aussehen auszeichnet. Es gehört zur Familie der Doppelrohrblattinstrumente, zur Gruppe der Aerophone, und wird in verschiedenen Musikrichtungen wie Klassik, Jazz und Filmmusik eingesetzt. Das Fagott ist das Instrument des Jahres 2012.

Geschichte

Der Ursprung des Namens „Fagott“ geht auf das frühe 16. Jahrhundert zurück und stammt aus dem Italienischen (von „fagotto“). Die erste schriftliche Erwähnung in der Form „Fagott“ stammt aus dem Jahr 1518, aber erst etwa hundert Jahre später in deutscher Sprache. Die etymologische Herleitung ist unsicher, doch liegt die Vermutung nahe, dass das Instrument seinen Namen aufgrund seiner mehrteiligen Bauweise erhielt. Friedrich Christian Diez schlug 1636 vor, dass der Begriff auf das italienische „fagotto“ für „Reisig“ zurückgehen könnte, da das Instrument in mehrere Teile zerlegt und wie ein Reisbündel zusammengepackt werden kann.

Diese Erklärung ist jedoch nicht unumstritten, und es wird vermutet, dass der Name des Instruments und das italienische „fagotto“ („Bündel“) oder das gleichbedeutende französische „fagot“ lediglich Homonyme sind, d. h. ähnlich klingende, aber nicht verwandte Wörter. Die Bedeutung von „Reisig“ war im 16. Jahrhundert im Italienischen offenbar noch nicht gebräuchlich. Im Okzitanischen findet sich „fagot“ jedoch bereits im 13. Jahrhundert in dieser Bedeutung, wobei die Etymologie dieses Wortes unklar bleibt. Eine Ableitung vom lateinischen „fagus“ („Buche“) oder ein germanischer Ursprung werden vermutet.

Einige Forscher, darunter Diez und Ernst Gamillscheg, leiten den Begriff eher vom lateinischen „fax“ („Kienspan“) oder von einer Verkleinerungsform (*facellus > *facottus) dieses Wortes ab, was auch zu „Fackel“ im Deutschen geführt hat. Im Lateinischen gibt es zudem Ähnlichkeiten mit der Bezeichnung des zeremoniellen Stabes der römischen Liktoren, der „fascis“, sowie im Griechischen mit „φάκελος“ („Bündel“), und allen liegt letztlich die indogermanische Wurzel *pak- („flechten, binden“) zugrunde.

Rätselhaft bleibt die Beziehung zwischen dem Fagott und dem Phagotum, einer Miniaturorgel, die Teseo Ambrogio degli Albonesi um 1520 entwickelte. Interessanterweise erklärte Ambrogio den Namen dieses Instruments rund 100 Jahre vor Marin Mersenne und bezog sich dabei nicht auf Reisig oder Bündel, sondern auf das lateinische „fagus“ („Buche“) und das griechische „φαγεῖν“ („essen“), genauer dessen Partizip Perfekt Aktiv πεφαγώς („gegessen haben“). Das ausgeklügelte Windwerk des Phagotums konnte also verschiedenste Töne „essen“ und auf Knopfdruck wieder ausstoßen.

Im Übergang vom Mittelalter zur Renaissance erweiterte sich mit der Entwicklung der Mehrstimmigkeit auch die Vielfalt der Instrumente. Aus einzelnen Instrumenten wurden ganze (Register-)Sätze von Sopran bis Bass entwickelt. Wirklich neu waren hier die verschiedenen tiefen Doppelrohrblattinstrumente wie der Bass-Pommer und das konische Renaissance-Rankett. Sie alle können als Vorläufer des Fagotts angesehen werden, aber aufgrund seiner Form wird allgemein der Dulzian als Vorläufer angesehen. Er wurde noch aus einem Stück Holz gefertigt und hatte bereits eine konische Bohrung.

In der Mitte des 17. Jahrhunderts gingen findige Holzblasinstrumentenbauer dazu über, das Instrument aus mehreren einzelnen Teilen zu fertigen: In der Musikgeschichte gilt dies als die Geburtsstunde des Fagotts. Von nun an konnte es sich vor allem aus zwei Gründen gegenüber anderen tiefen Rohrblattinstrumenten durchsetzen: Zum einen stieg die Qualität der Instrumente, da die Einzelteile präziser gedrechselt und gebohrt werden konnten als der ganze Block, zum anderen gewann das Fagott auch bei den Wandermusikanten an Beliebtheit, da es handlicher zu transportieren war als andere Bassinstrumente wie Kontrabass oder Viola da Gamba. Fagotte (und Dulziane) gab es damals in verschiedenen Größen und Stimmungen, die heute mit Ausnahme des eine Oktave tieferen Kontrafagotts weitgehend verschwunden sind.

Aufbau

Der Korpus des Fagotts besteht aus vier wesentlichen Teilen, die im harmonischen Zusammenspiel die Grundstruktur des Instruments bilden. Das Schallstück, auch „Kappe“ oder „Glocke“ genannt, sitzt auf dem Bassrohr, das wiederum mit dem Flügel im Stiefel befestigt ist. In diesen Teilen befinden sich die Tonlöcher und die Klappen, die durch Veränderung der schwingenden Luftsäule die Tonhöhe beeinflussen können. Die Holzteile sind in der Regel aus Ahorn, beim „französischen System“ aus Palisander. Eine Hand- oder Daumenstütze am Stiefel ermöglicht es der rechten Hand, die fünf Finger unabhängig voneinander zu bedienen.

Anschließend wird der S-Bogen in den Flügel gesteckt, dessen Form dem Instrument seinen Namen gibt. Die Wahl des Materials für den S-Bogen – Neusilber, Messing oder Gold – gleicht der Suche nach dem perfekten Geigenbogen. Fagottisten besitzen oft mehrere S-Bögen unterschiedlicher Länge, um das Instrument grob zu stimmen. Das Fagott selbst erreicht eine Höhe von ca. 1,35 m, die Gesamtlänge inklusive S-Bogen beträgt ca. 2,55 m.

Die Mechanik

Die Komplexität des Fagotts zeigt sich in seiner Mechanik, die 19 Tonlöcher für das chromatische Spiel und bis zu neun zusätzliche Löcher zur Intonationsverbesserung besitzt. Moderne Fagotte verwenden Gummi- oder Silberhülsen an den Tonlöchern, die mit den Fingern abgedeckt werden. Eine ausgeklügelte Klappenmechanik aus versilbertem oder vernickeltem Neusilber ermöglicht das Öffnen und Schließen der übrigen Tonlöcher. Die rechte Hand wird durch eine Handauflage am Stiefel entlastet.

Das Rohrblatt

Das Herzstück des Fagotts ist das Doppelrohrblatt, kurz Rohr genannt, das auf dem S-Bogen sitzt. Durch periodisches Öffnen und Schließen der beiden Blätter wird die Luftsäule im Instrument in Schwingung versetzt, ein Ton erzeugt und das Fagott zum Klingen gebracht. Das Rohrblatt besteht aus Pfahlrohr, insbesondere aus der im Mittelmeerraum beheimateten Schilfart „Arundo donax“. Die Herstellung und Bearbeitung dieser Rohre erfordert Erfahrung, denn kleinste Veränderungen im Holz, in der Krümmung und in der Dicke beeinflussen das Schwingungsverhalten und damit die Spielbarkeit und den Klang.

Fagottrohre sind Unikate und müssen individuell angepasst werden, denn ein Rohr, das für einen Fagottisten ideal ist, kann für einen anderen Spieler oder ein anderes Instrument schwierig zu spielen sein. Der langwierige Herstellungsprozess bringt es mit sich, dass ein gutes Rohr nach drei bis zehn Wochen intensiver Nutzung nachbearbeitet werden muss, da sich das Holz in dieser Zeit verändert.

Ton bzw. Klangerzeugung

Die Doppelrohrblatt, auch „Rohrblatt“ genannt, besteht aus zwei frei schwingenden Blättern, die aus Pfahlrohr, einer Schilfart aus dem Mittelmeerraum, hergestellt werden. Um einen Ton zu erzeugen, muss das Rohr fest mit den Lippen umschlossen werden, wobei die Lippen leicht über die Zähne gezogen und der Unterkiefer leicht zurückgenommen wird. Die Formung der Mundhöhle und der Lippen auf dem Vokal „O“ ist entscheidend für die Tonerzeugung.

Die Kombination dieser Elemente wird „Ansatz“ genannt, ein zentraler Begriff im Bläserrepertoire. Ähnlich wie beim S-Bogen variiert jedes Rohr in seiner Beschaffenheit, und die dünnen Rohrblätter erfordern eine individuelle Bearbeitung, um den gewünschten Klang zu erzeugen. Die Herstellung von Fagottrohren ist ein komplexer Prozess, der neben speziellen Maschinen auch filigrane Handwerkzeuge erfordert. Die Haltbarkeit eines Rohres variiert je nach Intensität der Nutzung, wobei Fortgeschrittene oft ihre eigenen Rohre herstellen, während Anfänger sich auf ihre Lehrer verlassen sollten.

Früher galten Doppelrohrbläser als „verrückt“, weil sie mehr Kraft zum Spielen benötigten. Die früheren Herausforderungen bei der Herstellung der Rohre und Instrumente führten zu gröberem Material und höherem Blasdruck. Heute sind die Instrumente und Werkzeuge technisch so weit entwickelt, dass die Rohre ohne übermäßigen Druck geblasen werden können.

Spieltechnik

Das Fagott wird diagonal vor dem Körper gehalten. Wegen des hohen Gewichts (3-4 kg) ist eine Tragehilfe erforderlich, meist ein Hals- oder Schultergurt mit Haken, der in eine dafür vorgesehene Öse am oberen Rand des Stiefels eingehängt wird. Bei dieser Trageweise kann der Schwerpunkt des Instruments mit Hilfe eines Balancehalters individuell eingestellt werden. Weitere Möglichkeiten, den Spieler zu entlasten, bieten Sitzgurte (die an einer Öse an der Unterseite des Stiefels befestigt werden), Beinstützen oder Spielständer.

Eine Besonderheit des Fagotts sind die bis zu drei so genannten Schleifklappen. Sie werden beim freien Spiel in der Mittellage oder beim Sprung in die Mittellage des zweiten Registers beim Anblasen des Tones nur kurz geöffnet, um die Ansprache zu erleichtern, und dann meist sofort wieder geschlossen, um die Intonation und den Klang des jeweiligen Tones zu verbessern.

Wie auch bei anderen Holzblasinstrumenten gibt es eine Reihe von erweiterten Spieltechniken, wie z.B. Mehrklänge, Flatterzunge, Zirkularatmung, Doppel- und Tripelzunge und Flageoletttöne.

Instrument des Jahres 2012

Zum Instrument des Jahres 2012 wurde das Fagott von den Landesmusikräten Schleswig-Holstein und Berlin gewählt. Ziel war es, dem Instrument besondere Aufmerksamkeit zu schenken und die Begeisterung dafür zu wecken. In diesem Jahr fanden zahlreiche Konzerte, Workshops und Veranstaltungen statt, die die einzigartigen Klangfarben, Spieltechniken und Nuancen des Fagotts in den Fokus rückten. Der Landesmusikrat sammelte, veröffentlichte und bewarb eine Vielzahl von Veranstaltungen rund um das Fagott, während auch die Deutsche Orchestervereinigung diese Kampagnen begrüßte und unterstützte.

Liste berühmter Fagottisten

  • Adolph Weiss
  • Archie Camden
  • Carl Schaefer
  • Désiré-Hippolyte Dihau
  • Etienne Ozi
  • Edward Elgar
  • François Devienne
  • Freiherr Thaddäus Wolfgang von Dürnitz
  • Georg Friedrich Brandt
  • Georg Wenzel Ritter
  • Hugo Burghauser
  • Johann Friedrich Lampe
  • Julius Weissenborn
  • Klaus Thunemann
  • Ludwig Milde
  • Milan Turković
  • Sergio Azzolini
  • Thaddäus von Dürnitz
  • Victor Bruns

Anwendung des Instruments in der Musik

Das Fagott hat eine vielfältige Anwendung in der Musik. In der klassischen Musik ist es ein fester Bestandteil des Orchesters und spielt oft die Bassstimme. Es trägt zur Klangfülle und der harmonischen Struktur des Ensembles bei. Darüber hinaus wird das Fagott auch in Kammermusikensembles, Blasorchestern und Jazzbands eingesetzt. In der Filmmusik findet man das Fagott häufig in Begleitung von gruseligen oder komödiantischen Szenen, da es in der Lage ist, eine breite Palette von Stimmungen und Emotionen auszudrücken.