Louis Armstrong

Louis Armstrong

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Louis Armstrong – Leben und Musik eines Jazzgiganten

Louis Armstrong war nicht einfach nur ein Musiker. Er war eine Instanz, ein Klang gewordener Ausdruck von Lebensfreude, Durchhaltevermögen und kreativer Vision. Seine künstlerische Leistung liegt nicht nur in seinen Innovationen auf der Trompete oder mit seiner Stimme, sondern auch in seinem tiefen Verständnis dafür, wie Musik Menschen verbinden kann. Er war der erste große Solist des Jazz, der erste afroamerikanische Weltstar und der erste, der Jazz zur universellen Sprache machte. Dabei blieb er so ehrlich, so menschlich und so unvergesslich.

Frühe Jahre in New Orleans: Zwischen Armut, Musik und Überlebenskunst

Er wurde am 4. August 1901 in einem Haus mit der Nummer 719 in der Jane Alley in New Orleans geboren. Seine Mutter Mary Albert kam aus dem US-Staat Louisiana. Sie war noch nicht volljährig, als ihr Sohn geboren wurde. Mary Albert war nicht verantwortlich für den Jungen. Sie gab ihn nach der Geburt seiner Großmutter Josephine, die streng katholisch war. Der kleine Louis wuchs in einer der ärmsten Gegenden von New Orleans auf. Er hatte den Spitznamen „The Battlefield“. Diese Gegend lag in der Nähe des Rotlichtbezirks Storyville.

Armstrongs Kindheit war von sozialer Not und familiärer Instabilität geprägt. Seine Geburt am 4. August 1901 wurde erst 1983 durch ein entdecktes Taufdokument bestätigt. Armstrong selbst gab stets den 4. Juli 1900 als Geburtstag an – wohl eine Mischung aus Legendenbildung und praktischer Notwendigkeit: Das frühere Datum erleichterte ihm als Teenager den Zugang zu Bars und Clubs in Storyville, dem berüchtigten Vergnügungsviertel New Orleans.

Als Sechsjähriger lebte Louis Armstrong zeitweise bei einer jüdischen Familie litauischer Herkunft. Dort lernte er nicht nur Unterkunft, sondern auch kulturelle Offenheit und musikalische Einflüsse wie jiddische Lieder kennen – ein später oft übersehener Teil seiner Entwicklung. Der Wendepunkt kam im Jahr 1913: Nach einem Schuss mit einem Revolver in der Silvesternacht wurde er in das Colored Waif’s Home for Boys eingewiesen. In diesem streng geführten Heim entdeckte man sein musikalisches Talent. Unter Anleitung von Peter Davis lernte er das Kornettspielen und fand erstmals Struktur und Anerkennung.

Der Mississippi, King Oliver und die ersten Karriereschritte

Zwischen 1918 und 1919 spielte Armstrong an Bord eines Mississippi-Dampfers in der Band von Fate Marable. Dort lernte er die Feinheiten des Notenlesens und des Zusammenspiels mit erfahrenen Musikern. Diese Zeit war musikalisch prägend und öffnete ihm später Türen. Bereits 1918 sprang er zeitweise für seinen späteren Mentor King Oliver in der Band von Kid Ory ein – ein Ritterschlag für den jungen Musiker.

1922 folgte er Oliver nach Chicago, wo er in der Creole Jazz Band mitwirkte – ein entscheidender Karriereschritt, der ihn in den Mittelpunkt der florierenden Jazzszene der Stadt rückte. Mit Lil Hardin, der Pianistin der Band und späteren Ehefrau, verband ihn nicht nur eine private Beziehung, sondern auch ein musikalisches Gespür für Weitblick. Auf ihren Rat hin verließ er 1924 die Band und ging nach New York zu Fletcher Henderson, wo er schnell als Solist glänzte und die damalige Bandmusik revolutionierte.

Die Hot Five und Hot Seven: Armstrong schreibt Jazzgeschichte

1925 begann er mit den legendären Aufnahmen unter dem Namen „Louis Armstrong and His Hot Five” (später „Hot Seven”). Was damals in kleiner Besetzung im Studio entstand, wirkt bis heute nach. Mit Titeln wie „West End Blues“, „Potato Head Blues“, „Heebie Jeebies“, „Struttin’ with Some Barbecue“ oder „Wild Man Blues“ prägte Armstrong nicht nur den Jazz, sondern veränderte auch die Art und Weise, wie Improvisation, Melodiegestaltung und Rhythmus im Zusammenspiel funktionieren.

Zum ersten Mal wurde die solistische Leistung eines Jazzmusikers ins Zentrum gestellt – ein Paradigmenwechsel in einer bis dahin kollektiv geprägten Musikrichtung. Auch seine Gesangsbeiträge, besonders der legendäre Scat-Gesang in „Heebie Jeebies“, zeugen von seiner kreativen Spontaneität. In Zusammenarbeit mit dem brillanten Pianisten Earl Hines entstanden Duo-Highlights wie das ikonische „Weather Bird“ – bis heute eine Meisterlektion in musikalischer Kommunikation.

Der Aufstieg zum Weltstar und stilistischer Grenzgänger

Ab den 1930er Jahren wandelte sich Armstrong vom innovativen Jazz-Revolutionär zum weltweit gefeierten Entertainer, ohne dabei seine künstlerische Substanz zu verlieren. Er wechselte vom Cornet zur Trompete, spielte in Big Bands wie der von Luis Russell, trat weltweit auf und warb in Konzerten, Radioshows und Filmen für den Jazz als universelle Ausdrucksform.

Mit Songs wie „All of Me“ (1932), „Blueberry Hill“, „Mack the Knife“ und später dem internationalen Hit „Hello, Dolly!“ (1964) eroberte er auch die Pop-Charts und stellte sogar die Beatles an der Chartspitze in den USA in den Schatten. Dennoch blieb sein Sound unverwechselbar: Wärme, Humor und Menschlichkeit, getragen von seiner unvergleichlich erdigen Stimme und seiner meisterhaften Phrasierung.

Label-Zugehörigkeiten, Live-Kultur und politische Wirkung

Seine ersten Aufnahmen veröffentlichte er bei OKeh Records, später folgten Arbeiten mit Decca, RCA Victor und anderen. In der Nachkriegszeit tourte er mit den All Stars – einem Ensemble, das an seine frühen New-Orleans-Wurzeln anknüpfte und gleichzeitig musikalische Qualität auf höchstem Niveau lieferte. Live war Armstrong ein Phänomen: spontane Brillanz, Charisma und ein feines Gespür für das Publikum.

Als weltweit bekannter Künstler wurde er in den 1950er Jahren zum musikalischen Botschafter der USA. Auf Tourneen in den Ostblock, nach Afrika, Asien und Europa – darunter auch eine umjubelte Konzertreihe 1965 in der DDR – war Armstrong nicht nur Entertainer, sondern auch ein Symbol für kulturelle Verständigung. Gleichzeitig kritisierte er offen die Rassentrennung in den USA: 1957 verweigerte er eine geplante Tournee in die UdSSR, um ein Zeichen zu setzen.

Stilistische Ausrichtungen, Genregrenzen und bewusste Erweiterungen

Armstrong bewegt sich zwischen Dixieland, Blues, Swing und traditionellem Pop. Seine Technik – brillante Tonalität, virtuose Höhen, melodische Solo-Architektur und erweiterte Harmonik – inspiriert Musiker quer durch alle Instrumentengruppen. Seine raue, warme und expressive Stimme sowie sein Scat-Singen machen seinen Stil zum archetypischen Jazz-Gesang. Er überschreitet Genregrenzen und nutzt Medien wie Schallplatten, Radio, Film und TV, um Jazz einer globalen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Kollaborationen mit Künstlern von Weltformat

Louis Armstrong arbeitete mit zahlreichen Musikergrößen zusammen. Neben Earl Hines sind vor allem die gemeinsamen Aufnahmen mit Ella Fitzgerald legendär. Alben wie „Ella and Louis” oder „Ella and Louis Again” gehören zu den schönsten und elegantesten Zeugnissen des klassischen Vocal-Jazz – voller spielerischer Leichtigkeit, musikalischem Feingefühl und gegenseitigem Respekt. Auch mit Bing Crosby, Bessie Smith, Sidney Bechet, Duke Ellington oder Oscar Peterson entstanden einflussreiche Aufnahmen.

Sein Duett „Onkel Satchmo’s Lullaby” mit der deutschen Sängerin Gabriele Clonisch wurde 1959 sogar zum Hit in Deutschland – ein weiteres Beispiel für Armstrongs Fähigkeit, kulturelle Grenzen zu überwinden.

Trotz massiver gesundheitlicher Probleme – er litt an Herzschwäche und Wassereinlagerungen – blieb Armstrong bis kurz vor seinem Tod künstlerisch aktiv. Ab 1968 war er häufig im Krankenhaus, doch sein Lebenswille und seine Bühnenpräsenz blieben ungebrochen. Der Tod seines langjährigen Managers Joe Glaser im Jahr 1969 traf ihn tief.

Louis Armstrong starb am 6. Juli 1971 im Alter von 69 Jahren an einem Herzinfarkt. Er wurde auf dem Flushing Cemetery in Queens, New York, begraben – ein Ort der Stille für einen Mann, dessen Musik um die Welt ging.

Songs von Louis Armstrong

  • A Kiss to Build a Dream On
  • All of Me
  • Blueberry Hill
  • Heebie Jeebies
  • Hello, Dolly!
  • La Vie en Rose
  • Mack the Knife
  • Stardust
  • Struttin’ with Some Barbecue
  • (Up A) Lazy River
  • What a Wonderful World
  • When the Saints Go Marching In
  • West End Blues