Afrob

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Inhaltsverzeichnis

Zwischen Bologna und Stuttgart – die Wurzeln eines deutschen Hip-Hop-Pioniers

Afrob, mit bürgerlichem Namen Robert Zemichiel, wurde am 1. August 1977 im italienischen Bologna geboren. Seine Eltern stammten aus Eritrea, das damals von Äthiopien annektiert war. Seine Mutter floh im Jahr seiner Geburt nach Italien, während sein Vater bereits in Deutschland lebte. Als Afrob drei Monate alt war, folgte die Familie nach. Er verbrachte seine Kindheit in Braunschweig, Karlsruhe und schließlich in Stuttgart, wo sich ab Mitte der 1990er-Jahre ein kreatives Kraftzentrum des deutschen Hip-Hop formierte. Hier, in der pulsierenden Szene zwischen Massive Töne, Freundeskreis und der Kolchose, begann Afrobs künstlerische Entwicklung, die von einem starken Bewusstsein für Herkunft, Sprache und Rhythmus geprägt war.

Die ersten Reime – von der Kolchose ins Rampenlicht

1994 machte sich Afrob erstmals als Feature-Artist einen Namen. Gemeinsam mit Crews wie Freundeskreis, den Massiven Tönen und den Berliner Spezializtz entwickelte er einen Stil, der sich durch markante Stimme, lyrische Schärfe und ein tiefes musikalisches Verständnis auszeichnete. Es war die Blütezeit der FK Allstars, einer losen Künstlerfamilie um Max Herre, Joy Denalane, Gentleman und Sékou. Afrob fand hier nicht nur sein kreatives Zuhause, sondern auch eine Plattform für seine politischen Themen und seinen pointierten Storytelling-Rap.

Als Teil der Bewegung „Brothers Keepers”, die Anfang der 2000er ein Zeichen gegen Rassismus setzte, zeigte Afrob, wie wichtig ihm gesellschaftspolitische Verantwortung war – ein Anliegen, das sich wie ein roter Faden durch sein Schaffen zieht.

Rolle mit Hip Hop – der Durchbruch

1999 veröffentlichte Afrob sein erstes Soloalbum Rolle mit Hip Hop über das Stuttgarter Label Four Music. Das Werk erreichte Platz 13 der deutschen Charts und enthielt mit „Reimemonster” einen bis heute legendären Track, den Afrob gemeinsam mit Ferris MC aufnahm und der ihn endgültig auf die Landkarte brachte. Die Beats stammten von renommierten Produzenten wie DJ Friction, Wasi und Max Herre. Die Platte schlug eine Brücke zwischen funkgetränktem Boom-Bap und deutschem Straßenrap, ohne in Plattitüden zu verfallen. Afrob war mit Freundeskreis und den Fantastischen Vier auf Tour, kollaborierte mit Flavor Flav von Public Enemy und landete mit dem Track 1, 2, 3, … Rhymes Galore (gemeinsam mit MC Rene, DJ Tomekk und Grandmaster Flash) einen Hit, der bis auf Platz 6 der Charts kletterte.

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Afrob feat. Ferris MC – Reimemonster

Made in Germany – ein politisches Statement

Mit Made in Germany (2001) erschien Afrobs zweites Studioalbum, das er bis heute als sein bestes Werk bezeichnet. Der Ton war ernster und politischer. In Tracks wie „Öffne die Augen” thematisierte er Rassismus und gesellschaftliche Ausgrenzung. Features mit Joy Denalane, D-Flame, Gentleman und Ferris MC unterstrichen den interkulturellen Anspruch der Platte. „Made in Germany” war weniger hitorientiert, dafür aber umso relevanter für ein Publikum, das Hip-Hop als Kultur- und Protestform versteht.

ASD und die Kunst der Allianz

2003 tat sich Afrob mit Samy Deluxe zusammen – das Duo ASD war geboren. Ihr gemeinsames Album Wer hätte das gedacht? wurde Afrobs kommerziell erfolgreichstes Projekt. Es landete auf Platz 5 der Charts und überzeugte mit einem intelligenten Wechselspiel aus Battle-Rap, Storytelling und gesellschaftlicher Reflexion. Produziert wurde das Album unter anderem von Waajeed und J Dilla – ein Beleg für Afrobs internationale Vernetzung. Der Sound war düster, jazzig und urban, der Ton pointiert und zugleich nachdenklich. ASD galt bald als stilbildend für eine neue Generation von Deutschrap-Acts.

Hammer, Rückzug und filmische Zwischenstationen

2005 veröffentlichte Afrob sein drittes Album Hammer, das von namhaften US-Beatmachern wie Needlz, Waajeed und B. R. Gunna produziert wurde. Doch trotz der hochkarätigen Namen blieb der kommerzielle Erfolg aus. Afrob zog sich zunächst zurück und arbeitete 2006 an Lisis Album „Eine wie keine” mit. 2007 folgte ein schauspielerisches Intermezzo: Er stand in der Komödie Leroy und im Drama Kopf oder Zahl vor der Kamera – eine kreative Erweiterung, aber kein dauerhafter Seitenwechsel.

Labelgründung und kreative Autonomie

2008 kehrte Afrob zur Musik zurück – diesmal unter eigener Flagge. Mit dem Label G-Lette Music schuf er sich die nötige Unabhängigkeit, um jenseits großer Strukturen zu arbeiten. Im selben Jahr erschien der neue Titelsong zur RTL-Serie „Alarm für Cobra 11”, den er mit der Rapperin Brixx produzierte. 2009 folgte das Album Der Letzte seiner Art, ein Statement zur Szene, in der Afrob sich zunehmend als Veteran wahrnahm – als Stimme, die nicht mit Trends geht, sondern Haltung zeigt.

Comeback, Live-Album und politische Reflexion

Nach Jahren sporadischer Features – u. a. bei Sidos 30-11-80 – erschien 2014 Afrobs fünftes Soloalbum Push. Die Platte war direkter, entschlackter und gleichzeitig facettenreicher. 2015 kam mit Blockbasta das zweite ASD-Album, 2016 folgte Mutterschiff und 2017 veröffentlichte Afrob sein erstes Akustik-Livealbum Beats, Rhymes & Mr. Scardanelli. Begleitet wurde es von einer Mini-Doku im Red Bull Music Studio Berlin, produziert von Urban Tree Media, die Afrobs musikalische Reife und Bühnenpräsenz eindrucksvoll einfing.

Abschied von Gestern – Reflexion und Relevanz

„Abschied von Gestern” (2019) ist kein nostalgisches Werk, sondern ein Blick zurück mit erhobenem Haupt. Afrob reflektiert darin seine lange Karriere, die Szene, ihre Entwicklung und seine eigene Rolle darin. Der Song „Flüchtling4Life” thematisiert seine persönlichen Erfahrungen mit Rassismus und Ausgrenzung in Deutschland. Das Album wirkt gereift, aufgeräumt und klug arrangiert – ein Spätwerk, das nicht verzweifelt verjüngen will, sondern Haltung zeigt.

König ohne Land – ein Statement zur Gegenwart

Am 16. Juni 2023 erschien Afrobs achtes Soloalbum. König ohne Land. Der bewusst doppeldeutige Titel beschreibt den Status eines Künstlers, der nie in klassische Schubladen passte – weder stilistisch noch politisch. Das Album zeigt erneut, wie sehr Afrob sein Handwerk beherrscht, wie sicher er zwischen Flow-Wechseln, inhaltlicher Tiefe und einem modernen Soundbild agiert, ohne sich Trends unterzuordnen.

Auch in digitalen Formaten ist Afrob präsent: Über Instagram, Facebook und Twitter teilt er Inhalte, diskutiert gesellschaftliche Entwicklungen und zeigt sich nahbar und engagiert. Im Rahmen von United We Stream trat er 2020 gemeinsam mit DJ Derezon auf, um die durch die Pandemie bedrohte Clubszene Hamburgs zu unterstützen – ein weiteres Zeichen seines kontinuierlichen gesellschaftlichen Engagements.

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Afrob – Briefkasten Leer

Songs von Afrob

  • 1998 Prime Time
  • 1999 Einfach (feat. Meli)
  • 1999 Exklusivinterview (mit Max)
  • 1999 Reimemonster (feat. Ferris MC)
  • 2001 Made in Germany
  • 2001 Öffne die Augen (feat. D-Flame)
  • 2003 Sag mir wo die Party ist! (mit Samy Deluxe als ASD)
  • 2003 Sneak Preview (mit Samy Deluxe als ASD)
  • 2003 Wer hätte das gedacht? (mit Samy Deluxe als ASD)
  • 2005 Wollt ihr wissen
  • 2005 Es geht hoch (feat. Lisi)
  • 2006 Stop die Party (D&B Remix)
  • 2006 Zähl mein Geld
  • 2009 Was wollt ihr
  • 2014 Immer weiter
  • 2014 Abriss (feat. Megaloh)
  • 2014 R.I.P. (feat. Megaloh)
  • 2015 Legendär / Populär (mit Samy Deluxe als ASD)
  • 2015 Blockbasta (mit Samy Deluxe als ASD)
  • 2015 Antihaltung (mit Samy Deluxe als ASD)
  • 2016 Ich bin dieser
  • 2019 Stadtmensch
  • 2019 Stein auf Stein (feat. Haze)
  • 2019 U.N.I.T.Y. 2020 (feat. Alex Prince)
  • 2023 One Shotta Boy
  • 2023 Vendetta
  • 2024 Briefkasten leer

Alben von Afrob

  • 1999 Rolle mit Hip Hop
  • 2001 Made in Germany
  • 2005 Hammer
  • 2009 Der Letzte seiner Art
  • 2014 Push
  • 2016 Mutterschiff
  • 2019 Abschied von gestern
  • 2023 König ohne Land