Schellackplatte

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Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Schellackplatte?

Die Schellackplatte, der Vorläufer der heute noch weit verbreiteten Schallplatte, verdankt ihren Namen dem Material, aus dem sie hergestellt wurde.

Die meisten Schellackplatten hatten einen Durchmesser von zehn oder zwölf Zoll und waren seitlich mit Rillen versehen. Sie konnten sowohl auf einem traditionellen Grammophon mit einer dicken Stahlnadel als auch auf einem elektrischen Plattenspieler mit einer speziellen Nadel abgespielt werden. Die 10-Zoll-Schellackplatten boten eine maximale Spieldauer von etwas mehr als drei Minuten, während die 12-Zoll-Schellackplatten eine Spieldauer von etwas mehr als vier Minuten pro Seite boten, was vor allem für klassische Musikstücke von Interesse war.

Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Schellackplatten war die Abspielgeschwindigkeit. Es gab Versuche von 60 bis über 100 Umdrehungen pro Minute, aber schließlich setzte sich eine Geschwindigkeit von 78 Umdrehungen pro Minute durch. Bereits um 1930 gab es vereinzelt „Langspiel“-Schellackplatten, die mit 33 1/3 Umdrehungen pro Minute liefen und etwa zehn Minuten Musik pro Seite boten, zum Beispiel Ausschnitte aus Bühnenshows. Die Klangqualität dieser „Langspiel“-Schellacks war jedoch noch deutlich schlechter als die der herkömmlichen „78er“.

In den Anfängen der Tonaufzeichnung dominierte die Schellackplatte die Musikindustrie. Diese faszinierenden Musikträger sind nicht nur klangliche Meisterwerke, sondern auch Zeugen einer Ära, die die Welt der Musik für immer verändert hat.

Die Geschichte der Schallplatte

Vom Hartgummi zum Schellack

Im Oktober 1896 revolutionierte der Erfinder und Unternehmer Emil Berliner die Schallplattenindustrie, indem er Hartgummi als Plattenmaterial durch eine Pressmasse ersetzte, die hauptsächlich aus Schellack bestand. Diese innovative Mischung, hergestellt von der Duranoid Co. in Newark, New Jersey, verband Schellack als Bindemittel mit Füllstoffen wie Bariumsulfat, Schiefermehl, Ruß und Baumwollflocken zu einer verschleißfesten Masse. Dadurch verbesserte sich nicht nur die Klangqualität, sondern auch die Haltbarkeit der Schallplatten erheblich. Diese Verbesserung ging jedoch mit einer erhöhten Sprödigkeit einher, was die Bruchgefahr erhöhte.

Der Übergang von Schellack zu PVC (Vinyl)

Die Verwendung von Schellack als Hauptmaterial für Schallplatten war jedoch nicht von Dauer. In den 1940er Jahren kam es in den USA zu einem Wechsel zu PVC (Vinyl). Die Verbreitung von Plattenspielern mit elektrischem Tonabnehmer und die Notwendigkeit, Schellack zu importieren, waren entscheidende Faktoren für diese Umstellung. Insbesondere für Kinderplatten, die als unzerbrechlich beworben wurden, erwies sich PVC als praktische Alternative. Ab etwa 1944 wurden Schallplatten aus PVC gepresst, zunächst noch mit breiter Rille und 78 Umdrehungen.

Das Zeitalter der Schallplatte

Erst ab 1948 setzte sich Vinyl als bevorzugtes Material für Schallplatten durch. Die Einführung von Mikrorillen und geeigneten Abspielgeräten ermöglichte es, die Vorteile des Vinyls, wie geringere Abspielgeschwindigkeit und längere Spieldauer, optimal zu nutzen. Während Schellackplatten in einigen Teilen der Welt noch bis Ende der 1960er Jahre hergestellt wurden, markierte die Verbreitung der Schallplatte einen Wendepunkt in der Geschichte der Tonaufzeichnung.

Das Ende einer Ära

Nachdem sich die Klangqualität mit der Einführung der elektrischen Aufnahme ab 1925 stetig verbessert hatte, erreichten die Schellackplatten in den 1950er Jahren ihren akustischen Höhepunkt. Das Rauschen konnte durch den Einsatz besserer Materialien stark reduziert werden, mit 78 Umdrehungen erreichte man fast den Hi-fi-Standard! Sie war billiger und in besserer Qualität herzustellen.

Mitte der 50er Jahre wurde die Produktion der Schellackplatte in Europa und den USA eingestellt. In Asien wurde jedoch noch bis in die 60er Jahre auf Schellack gepresst. Wer auf einer Indienreise eine 78er Beatles-Platte findet, kann sie im Handgepäck mitnehmen – für den Gegenwert kann man sich hier einen gebrauchten Kleinwagen kaufen!

In der Bundesrepublik Deutschland wurden Schellackplatten bis 1958 hergestellt, in anderen europäischen Ländern bis Anfang der 1960er Jahre und in Entwicklungsländern bis Ende der 1960er Jahre. Die letzten bekannten Schellackplatten sollen 1972 in Südafrika gepresst worden sein. Obwohl die meisten Plattenspieler bis Anfang der 1980er Jahre auf 78 U/min eingestellt waren und somit Schellackplatten abspielen konnten, markierte die Verbreitung der Schallplatte das Ende einer Ära in der Geschichte der Tonträger.

Die Herstellung von Schellackplatten: Ein Blick hinter die Kulissen

Rohstoffaufbereitung und Mischprozess

Alle Rohstoffe werden sorgfältig auf Fremdkörper untersucht und anschließend in Misch- und Walzwerken zu feinstem Pulver zermahlen. In Rohrmühlen, die mit tausenden Kilogramm kleiner Eisenrollen gefüllt sind, werden die Rohstoffe weiter vermischt und verbunden. Das so entstandene Staubgemisch wird über ein Becherwerk und eine automatische Waage einem weiteren Mischer zugeführt, bevor es in Eisenkästen zum Mischwalzwerk gelangt. Dort werden die Rohstoffe durch beheizte Walzen zu einer teigartigen Masse verarbeitet und anschließend zu dünnen, breiten Bandstreifen ausgewalzt.

Pressen und Qualitätskontrolle

Nach dem Erstarren der Bandstreifen werden diese in einzelne Platten gebrochen und zur Presse transportiert. In der Presse, bestehend aus Presskopf und Pressplatte, werden die Matrizen eingespannt, das Material erwärmt, gefüllt und in die geöffnete Presse gelegt. Das Pressen erfolgt automatisch, wobei gleichzeitig Etiketten eingepresst werden. Anschließend werden die Platten in der Revision auf Press- und Formfehler geprüft. Fehlerhafte Platten werden nochmals gebrochen, während einwandfreie Platten in die Schleiferei gelangen. Dort werden sie von anhaftendem Material befreit und einer musikalischen Prüfung unterzogen.

Verpackung und Lagerung

Die fertigen Platten werden in Plattensäcke verpackt und in den Sortierraum gebracht, von wo aus sie in verschiedene Lager transportiert werden. Jeder Produktionsschritt wird sorgfältig überwacht, um höchste Qualität und Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Abtastung der Platte

Herausforderungen bei der Wiedergabe von Schellackplatten

Ein Grammophon für Schellackplatten mit Seitenschrift erforderte in der Regel nach dem Abspielen einer Plattenseite das Einsetzen einer neuen Nadel. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es mehrere inkompatible Abtastsysteme für Schellackplatten. Die französische Firma Pathé dominierte den Markt mit ihrem Tiefenschrift-Plattensystem und bot spezielle Abspielgeräte und Tonabnehmer an. Im Gegensatz dazu entwickelte Edison die „Edison Diamond Disc“, eine sechs Millimeter dicke Platte mit hervorragender Klangqualität.

Vielfalt und Innovation bei Schellack-Platten

Pathé prägte den Markt mit einer breiten Palette von Schellackplatten in verschiedenen Größen und Formaten, darunter die größten jemals hergestellten Platten, die Pathé Concert Records. Diese Platten boten ein wesentlich höheres Klangvolumen als normale Schallplatten und wurden auf speziellen Abspielgeräten für den Einsatz in Restaurants abgespielt. 

Anpassungen für die Wiedergabe und Beschriftung von Schallplatten

Die breiteren Rillen der Schellackplatten erforderten spezielle Tonabnehmer mit dickeren Nadeln als bei Vinylplatten. Plattenspieler, die beide Arten von Schallplatten abspielen konnten, besaßen oft Umschaltmöglichkeiten für die Nadeln. Um Verwechslungen zu vermeiden, wurden Schellack- und Vinylplatten mit Buchstaben oder Symbolen auf den Plattenspielern gekennzeichnet.