Robert Johnson

Robert Johnson, Blues-Musiker

Inhaltsverzeichnis

Robert Johnson: King of the Delta Blues

Robert Johnson (* 8. Mai 1911 in Hazlehurst, Mississippi; † 16. August 1938 in Greenwood, Mississippi) gilt heute als einer der bedeutendsten Gitarristen, Sänger und Songwriter des Blues, insbesondere als der „King of the Delta Blues“. Trotz einer Produktionsphase von nur wenigen Monaten hinterließ er mit seinen rund 29 Aufnahmen eine künstlerische Wucht, die Generationen von Musikern inspirierte. Erst durch die Veröffentlichung von King of the Delta Blues Singers (1961) wurde sein Werk einem breiten Publikum bekannt. Sein Einfluss reicht vom akustischen Delta-Blues bis hin zum britischen Rock und stellt somit eine Verbindung zwischen Tradition und Innovation her.

Musikalische Herkunft und prägende Einflüsse

Robert Johnson wurde als Robert Leroy Dodds geboren und später als Robert Leroy Johnson registriert. Seine Kindheit spielte sich im Mississippi-Delta ab, einer Region, die wirtschaftlich und kulturell von Sharecropping, Segregation und musikalischer Improvisation geprägt war. Schon früh lernte er Mundharmonika und Maultrommel spielen, bevor er zur Gitarre griff – ein Instrument, das im Delta eine besondere Rolle spielte, da es tragbar war und sich schnell in der Juke-Joint-Kultur etablierte.

Seine musikalische Sozialisation erfolgte unter anderem im Umfeld von Gitarristen wie Charley Patton und Son House. Doch Johnson ging über das pure Nachahmen hinaus: Er beobachtete, adaptierte und verdichtete. Das Ergebnis war eine unüberhörbare Stimme und eine charakteristische Gitarrenklangfarbe. Dabei war er schon zu Lebzeiten nicht nur Beobachter, sondern Teil eines lebendigen Kreises von Bluesmusikern. Sein Stil verrät Ländliches und Urbane zugleich: Die Klarheit der Texte, die Präzision der Gitarrenarbeit und die persönliche Note lassen seine Herkunft spürbar werden und verleihen ihm zugleich eine unverwechselbare Individualität.

Künstlerische Entwicklung mit zentralen Meilensteinen

Johnson nahm hauptsächlich in den Jahren 1936 und 1937 Studioaufnahmen unter dem Label Vocalion im Rahmen der American Record Corporation auf. In dieser kurzen Zeit entstanden Klassiker wie „Cross Road Blues”, „Sweet Home Chicago”, „Hellhound on My Trail” und „I Believe I’ll Dust My Broom”. Diese knapp 30 Songs genügen heute, um seine Genialität abzubilden, obwohl er zu Lebzeiten kaum kommerziellen Erfolg hatte.

Ein bedeutender Wendepunkt war die Wiederveröffentlichung seines Materials im Jahr 1961 mit dem Album King of the Delta Blues Singers, durch das sein Werk auch einem weiß-amerikanischen Publikum zugänglich wurde. Von da an wurde Johnson in der Blues- und Rockszene neu entdeckt und erhielt posthum Anerkennung, etwa durch die Aufnahme in die Blues Hall of Fame im Jahr 1980. Seine Stücke wurden zum Standardrepertoire seiner Nachfolger und Gitarristen wie Eric Clapton oder Keith Richards nennen ihn als maßgebliche Inspiration.

Sein früher Tod im Alter von nur 27 Jahren im Jahr 1938 führte zur Legendenbildung. Ein Mythos ist beispielsweise das Bild vom Gitarristen, der angeblich seinen Geschmack an der tiefen Ausdruckskraft der Musik gegen eine „Seele am Kreuzweg“ getauscht habe. Dieser Mythos schmälerte seine Wirkung nicht, sondern verstärkte sie.

Stilistische Ausrichtungen, Genregrenzen und deren bewusste Erweiterungen

Johnson steht im epischen Zentrum des Delta Blues – zugleich sprengte er dessen Grenzen. Seine Gitarrenarbeit zeichnet sich durch offene Stimmungen, Slide-Technik und eine rhythmisch-melodische Dichte aus, die oft den Eindruck erweckt, es spielten mehr als eine Gitarre mit. Diese stilistische Verdichtung ist maßgeblich: Was im Delta früher lose improvisiert wirkte, transformierte Johnson in prägnante Miniaturen mit hoher ästhetischer Wirkung.

Textlich bewegt er sich in den Motiven des Wanderns, der Sehnsucht, der Gefahr und der Überlieferung. Sein „Terraplane Blues“ reflektiert beispielsweise Alltag, Technik und Mobilität, während „Hellhound on My Trail“ eine deutlich mystischere Dimension eröffnet. In diesem Spannungsfeld von konkretem Leben und metaphorischer Bildsprache öffnet Johnson den Blues für spätere Genres. Seine Klarheit im Ausdruck und seine technische Raffinesse sind zwei Merkmale, die ihn von vielen Zeitgenossen unterscheiden.

Label-Zugehörigkeiten, Live-Umsetzungen, besondere Formate

Johnson arbeitete primär mit Vocalion Records/ARC zusammen und nahm in Hotel- oder Lagerhausräumen auf, was der damaligen akustischen Umgebung entsprach. Live-Material ist kaum dokumentiert. Stattdessen ist er als Wandermusiker bekannt, der von Juke Joint zu Juke Joint zog und dabei Straße, Holzveranda oder Hausparty gleichermaßen nutzte. Diese unmittelbare Praxis prägt den Klang seiner Aufnahmen: roh, direkt, unverfälscht.

Seine Musik fand postum ihren Weg in Festivals, Sammlereditionen und Hommagen, etwa in der Box „The Complete Recordings”. Dabei wandelte sich das Format vom akustischen Einzelspieler zum zentralen Anknüpfungspunkt für Bands von der britischen Insel bis hin zur US-Rockszene. Seine Stücke wurden neu interpretiert, erweitert und elektrifiziert, wodurch Johnsons Musik in eine kollektive Musikkultur überging.

Zusammenarbeit mit anderen Künstlern

Er spielte mit Menschen wie Robert Lockwood Jr., der später eine wichtige Figur im Chicago Blues wurde. Er war eingebettet in eine Delta-Community von Musikern. Wichtiger jedoch ist sein Nachleben: Musiker – allen voran Clapton und Richards – griffen seine Songs auf, gaben ihnen eine neue Dimension, machten sie populär und setzten damit Johnsons Stil als Maßstab. Das Phänomen: Ein Künstler, dessen Werk mehr durch seine Nachwirkung als durch seine eigenen Studioaufnahmen geprägt ist.