Perel

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Perel – Klangnomadin zwischen Ostkindheit, Clubkultur und kosmischer Disco

Im Spannungsfeld zwischen Ostdeutschland, New-Wave-Ästhetik und Techno-Clubkultur formte Annegret Fiedler alias Perel eine Klangsprache, die gleichermaßen poetisch wie kompromisslos ist. Ihre Reise spannt sich vom verträumten Kinderzimmer in Thalheim, geprägt von Reinhard Lakomy und den Spice Girls, über die rauen Partys in Halles leerstehenden Gebäuden bis zu den Bühnen des Sonar-Festivals.

Ihr Debütalbum Hermetica (2018) brachte mit dem Track „Alles” nicht nur ihren größten Erfolg, sondern auch Anerkennung im Feuilleton. 2022 folgte mit Jesus Was an Alien ein Konzeptalbum voller ironischer, religiös-außerirdischer Bildwelten. Ihre hybriden Live-Sets, eine Mischung aus DJing und Gesang, verschmelzen Club-Intensität und Intimität und machen sie zu einer Ausnahmestimme der elektronischen Musik.

Musikalische Herkunft und prägende Einflüsse

Perels Geschichte beginnt in Thalheim im Erzgebirge, fernab urbaner Musik-Hotspots. Kurz vor dem Mauerfall geboren, wuchs sie in einer Zeit auf, in der sich ostdeutsche Kinderzimmer von Märchenschallplatten und Lakomys Traumzauberbaum ebenso füllen konnten wie von Bravo-Hits und globalem Pop. Diese Doppelprägung aus Ost und West wurde später zu einem ihrer stärksten künstlerischen Werkzeuge.

Schon früh zog es sie zu Melodien, die mehr schwebten als stampften. In den späten 90ern und frühen 2000ern öffnete sich ihr Ohr für Krautrock, Indie-Pop und vor allem für den Übergang von Disco zu House – ein Jahrzehnt, das sie in Interviews als „magisch“ beschreibt. Der Umzug nach Halle, um Soziologie zu studieren, brachte die entscheidende Wende: Illegale Partys in leerstehenden Gebäuden führten sie in die Clubkultur. Dort verband sich die Neugier aus ihrer Kindheit mit dem pulsierenden Herzschlag der Nacht.

Künstlerische Entwicklung und zentrale Meilensteine

2010 zog Annegret Fiedler nach Berlin. Zunächst legte sie unter dem Pseudonym Annek auf, bevor sie 2013 zu Perel wurde. „Body Talk“ (2014) markierte ihren ersten House-Release – solide produziert, aber für sie selbst der Beweis, dass reiner House nicht ihr künstlerisches Zuhause war. „Es hat sich nicht komfortabel angefühlt. Ich wusste nicht, welche Art von Musik ich machen wollte.“

Die Wende kam 2016 mit „Amin“ – ein entschleunigter, krautiger, zugleich klarer Sound. „Es war wie ein neuer Anfang. Es ging darum, sein Hirn auszuschalten und die Musik zu machen, die man wirklich fühlt.“ Diese Haltung gipfelte 2018 in ihrem Debütalbum „Hermetica“ auf DFA Records. Besonders der Track „Alles“ wurde zu ihrem bis dato größten Erfolg. Mit kryptischen, fast dadaistischen Zeilen wie:

„Ein Haus, ein Zaun, der Vogel erstickt. Die Zeit, der Raum, nichts kommt zurück …” Alles, was war, wird nie wieder sein. Und alles, was ist, ist schon jetzt vorbei.“ – fesselten sie Hörer und Kritiker gleichermaßen. Die FAZ würdigte die Arbeit als klangliche Hommage an Steve Reich und zugleich als Retro-Bewegung mit Verweisen auf DAF, Mike Oldfield und Jan Hammer. Patterns wirbeln, Solina-Strings hauchen 70er-Charme ein – eine Musik, die die Vergangenheit zitiert, ohne im Gestern zu verharren.

Stilistische Ausrichtungen und bewusste Grenzerweiterungen

Perels Werk ist ein Mosaik aus New Wave, NDW, House, Techno und experimentellen Elementen. Sie verbindet große Gesten mit leisen Momenten sowie emotionale Vocals mit minimalistischen Sequenzen.

Ihre Label-Stationen spiegeln diese Reise wider: Zunächst DFA Records für das kosmisch-discoide „Hermetica”, später Kompakt für das konzeptuelle „Jesus Was an Alien” (2022), in dem religiöse und außerirdische Motive zwischen Ironie und Ernst verhandelt werden.

Auf der Bühne setzt Perel auf Hybrid-Sets: DJing und Live-Gesang, mal energetisch wie im Berghain, mal fast intim wie in kleineren Club-Settings. Festivals wie Sonar oder Avant Gardner in New York erleben sie als Künstlerin, die Clubmusik körperlich wie emotional erfahrbar macht.

Zusammenarbeit und künstlerische Netzwerke

Ihr Weg zu DFA begann mit einer Radioshow in New York, in der ihre Tracks liefen. James Murphy und das DFA-Team nahmen Kontakt auf – der Rest ist Geschichte. Features und Remixe verbinden sie mit Künstlern wie Marie Davidson, Matrixxman oder The Juan MacLean. In all diesen Kooperationen bleibt Perel erkennbar: Sie umgibt ihre Produktionen mit einem emotionalen Kern, der sich nicht dem Mainstream beugt.

Auch ihre Spiritualität fließt ein. „Ich begann, zum Universum zu beten. Ich habe Kontakt mit einer spirituellen Dimension aufgenommen, die mich verändert hat. Ich sehe nun das Gute und kann negative Energie loslassen.“ – ein Bekenntnis, das zeigt, dass hinter den Beats mehr steckt als technische Perfektion.

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Mehr Informationen
Perel – The Lot Radio

Alben von Perel

  • 2018 Hermetica (DFA)
  • 2022 Jesus was An Alien (Kompakt)

Songs von Perel

  • 2014 Perel Feat. Abba Lang2016 Charles Manson (12″) (DNS002)
  • 2017 Die Dimensio
  • 2018 Alles
  • 2018 Curses (feat. Perel)
  • 2019 Karlsson
  • 2021 Star
  • 2022 Real
  • 2022 Perel, Marie Davidson – Jesus Was An Alien
  • 2025 Eisbär