Brigitte Bardot

Brigitte Bardot
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Abschied einer Ikone: Tod, Vermächtnis und Brüche einer öffentlichen Figur

Mit dem Tod von Brigitte Bardot am 28.12.2025 im Alter von 91 Jahren endet ein Kapitel europäischer Kulturgeschichte, das weit über Film und Musik hinausreicht. Ihre Stiftung bestätigte den Tod ihrer Gründerin und Präsidentin mit deutlichen Worten der Trauer. Sie würdigte Bardot als weltweit anerkannte Schauspielerin und Sängerin, die sich bewusst entschied, ihre glanzvolle Karriere hinter sich zu lassen, um ihr Leben dem Tierschutz zu widmen. Zeitpunkt und Umstände ihres Todes blieben unkommentiert – ganz im Sinne einer Frau, die sich bereits Jahrzehnte zuvor aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte.

Diese letzte Geste der Zurückhaltung passt zu einer Biografie, die von radikalen Entscheidungen geprägt war. Bardot verstand die Öffentlichkeit nie als Selbstzweck, sondern als Phase. Als sie diese Phase für beendet erklärte, tat sie es endgültig.

Vom filmischen Sexsymbol zur kulturellen Projektionsfläche

Bardots Ruhm speiste sich zunächst aus dem Kino. Mit über 50 Filmen wurde sie zur Chiffre einer neuen, freieren Weiblichkeit. Der internationale Durchbruch gelang ihr 1956 mit „Und ewig lockt das Weib“, einem Film, der durch seine für damalige Verhältnisse provokante Körperlichkeit Aufsehen erregte und in den USA zensiert wurde. Bardots Erscheinung – blonde Haare, Schmollmund, scheinbar mühelose Sinnlichkeit – wurde zum globalen Bildcode. Sie war weniger Schauspielerin im klassischen Sinn als Projektionsfläche gesellschaftlicher Sehnsüchte und Ängste.

Filme wie „Die Wahrheit“, „Die Verachtung“ oder „Viva Maria!“ zeigen jedoch, dass Bardots Werk nicht auf Erotik reduziert werden kann. Die Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Jean-Luc Godard und Louis Malle verortet sie klar im anspruchsvollen Autorenkino. Gerade „Die Verachtung” macht sichtbar, wie sehr Bardots Präsenz zwischen Begehren, Entfremdung und Selbstbehauptung oszilliert – Themen, die sich auch in ihrer Musik widerspiegeln.

Musik als intimer Gegenentwurf zur Leinwand

Parallel zum Film entwickelte Bardot ihre musikalische Stimme – leiser, zurückgenommener, oft melancholisch. Als Sängerin war sie nie auf Virtuosität aus, sondern auf Atmosphäre. Ihre Lieder wirken wie innere Monologe und bilden einen Gegenpol zur grellen Sichtbarkeit des Kinos. In dieser Spannung liegt der besondere Reiz ihres musikalischen Werks. Zentral bleibt dabei die bereits beschriebene Zusammenarbeit mit Serge Gainsbourg: Er verstand Bardots Stimme als Ausdrucksmittel zwischen Ironie, Verletzlichkeit und kühler Distanz.

Gerade weil Bardot ihre Musik nie professionalisierte oder industrialisierte, haben ihre Aufnahmen bis heute eine eigentümliche Frische. Sie klingen nicht nach Karriereplanung, sondern nach einzelnen Momenten.

Radikaler Rückzug und kompromissloser Aktivismus

Anfang der 1970er-Jahre zog Bardot einen endgültigen Schlussstrich unter ihre Film- und Musiklaufbahn. Sie verabschiedete sich vollständig aus der Schauspielerei und widmete ihr Leben dem Schutz bedrohter Tiere. Dieser Schritt war kein symbolischer Akt, sondern existenziell. Bardot versteigerte Häuser, Autos und Schmuck ihres Ex-Manns Gunter Sachs sowie ihr Brautkleid aus der Ehe mit Roger Vadim, um die finanzielle Grundlage ihrer Stiftung zu schaffen. Ziel war, wie im Statut formuliert, die „Rettung der Tiere in aller Welt“.

Dieser Aktivismus verlieh ihrem späteren Leben Sinn und Struktur, zugleich aber auch eine neue Unnachgiebigkeit. Bardot sprach nicht mehr als Künstlerin, sondern als Missionarin: kompromisslos, emotional und oft polarisierend.

Kontroversen, politische Zuspitzungen und öffentliche Kritik

In den letzten Jahrzehnten wurde Bardot zunehmend zur umstrittenen Figur. Mehrfach fiel sie durch rassistische Äußerungen auf und wurde gerichtlich verurteilt, unter anderem zu einer Geldstrafe von 20.000 Euro, nachdem sie die Bevölkerung der Insel La Réunion als „degeneriert” bezeichnet hatte. Auch ihre polemischen Aussagen über eine angebliche „Überfremdung“ Frankreichs durch muslimische Einwanderer sorgten international für Kritik.

Zusätzliche Irritationen löste Bardot im Zuge der #MeToo-Debatte aus. Sie stellte die Glaubwürdigkeit betroffener Schauspielerinnen öffentlich infrage und relativierte strukturelle Machtverhältnisse in der Filmindustrie. Diese Aussagen beschädigten ihr öffentliches Bild nachhaltig und werfen einen Schatten auf ihr Vermächtnis, ohne es jedoch vollständig zu erklären oder aufzulösen.

Ein widersprüchliches Erbe

Brigitte Bardot bleibt eine Figur voller Spannungen: Filmikone, Sängerin, Tierschützerin, Provokateurin. Ihre Musik, leise und zurückhaltend, steht dabei fast im Kontrast zu den späteren politischen und gesellschaftlichen Zuspitzungen. Gerade dieser Widerspruch macht sie für kulturhistorische Betrachtungen interessant. Bardot war nie eindeutig, nie glatt, nie konsensfähig.

Für Musikliebhaber bleibt ihr Werk ein intimer Resonanzraum einer Epoche, in der Pop, Film und Persönlichkeit noch untrennbar miteinander verwoben waren. Ihr Tod markiert keinen Abschluss im Sinne eines harmonischen Vermächtnisses, sondern hinterlässt offene Fragen über Kunst, Verantwortung und die Grenzen zwischen Haltung und Provokation.