Neue Deutsche Welle

Neue Deutsche Welle, NDW

Inhaltsverzeichnis

Die Neue Deutsche Welle (NDW) ist eine unverwechselbare Musikbewegung, die Ende der 1970er Jahre in Westdeutschland entstand. Sie vereint Elemente von Punk, britischem New Wave, elektronischen Klängen und – ganz wesentlich – der deutschen Sprache. Im Gegensatz zu reinen Punk-, Pop- oder Synth-Pop-Genres nahm die NDW die Energie und Direktheit des Punk auf, vermischte sie mit eingängigen Melodien und verlieh dem Ganzen eine deutschsprachige Note, die frisch und eigen klang. Besonders spannend für Blues-Fans und neugierige Einsteiger ist, dass hier rauer Ausdruck auf verspielte Leichtigkeit trifft – „ehrlich, ohne Schnörkel, aber mit Ohrwurm-Garantie“.

Gleichzeitig polarisierte die NDW stark: Die einen fanden sie zu schräg, die anderen erlebten mit ihr den ersehnten Aufbruch in der stagnierenden Musiklandschaft – wieder andere sahen in ihr nur albernen Kommerz. Doch sie war ohne Frage das markanteste musikalische Phänomen der frühen 80er Jahre und ein Katalysator für eine eigenständige deutschsprachige Popkultur.

Ursprung und Geschichte

Die NDW entstand gegen Ende der 1970er Jahre in Städten wie West-Berlin, Düsseldorf und Hamburg. Aus der Punk- und New-Wave-Untergrundszene heraus und inspiriert von britischen und amerikanischen Vorbildern entstanden völlig neue Klangexperimente, die durch die Verwendung der deutschen Sprache eine besondere Authentizität gewannen.

Die Bewegung war eng mit sozialen Entwicklungen verknüpft, beispielsweise mit steigender Jugendarbeitslosigkeit, wachsender Perspektivlosigkeit und allgemeiner Frustration über die politische und kulturelle Lethargie jener Zeit. Viele junge Menschen fanden in dieser Musik eine Möglichkeit, sich auszudrücken.

Der Begriff „Neue Deutsche Welle” wurde erstmals 1977 vom Künstler Jürgen Kramer im Kontext eines Konzertplakats verwendet. Im August 1979 tauchte der Begriff dann in einer Anzeige von Burkhardt Seiler (Zensor) für das Debütalbum von DAF im Magazin Sounds auf. Die entscheidende Popularisierung erfolgte jedoch erst im Oktober 1979 durch den Musikjournalisten Alfred Hilsberg in seiner Artikelreihe „Aus grauer Städte Mauern“, obwohl er selbst der Bezeichnung zunächst skeptisch gegenüberstand.

Bis 1981 blieb die Bewegung weitgehend unabhängig: Viele Veröffentlichungen erschienen auf kleinen DIY-Labels wie Ata Tak, ZickZack, Zensor, aber auch Rondo, Schallmauer, No Fun oder Rip Off. Die Bands nahmen ihre Musik oft selbst auf – in Küchen, Garagen oder Wohnzimmern – und vertrieben sie über alternative Läden und Netzwerke. „Do It Yourself“ war Programm, inklusive eigener Vertriebswege.

1980 gelang der Berliner Band Ideal mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum der Durchbruch: Es erreichte die deutschen Top 3 und weckte das Interesse großer Labels – ein Wendepunkt. Die Major-Labels, die die Szene zunächst belächelt oder ignoriert hatten, übernahmen blitzschnell das Ruder. Alles, was deutsch sang und halbwegs „frisch” klang, wurde unter Vertrag genommen. Auch Retortenbands wurden produziert. Der Begriff „NDW” wurde inflationär verwendet – sogar Volksmusik oder Schlagerpop wurde darunter vermarktet. Ab 1983 flachte der Hype jedoch ab und das Genre verschwand nahezu so schnell, wie es gekommen war.

Musikalische Merkmale der Neuen Deutschen Welle (NDW)

Die musikalischen Merkmale der NDW zeichnen sich durch eine spannende Mischung aus klassischen Rockelementen und elektronischen Klängen aus. Das klangliche Fundament bilden E-Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keyboards bzw. Synthesizer – eine Basis, die stark an die Ästhetik von Punk und New Wave der späten 70er und frühen 80er Jahre erinnert. Viele Bands legten über diese Grundstruktur gezielt elektronische Elemente: Synthesizerflächen, Drumcomputer-Rhythmen oder Sounds, die an den charakteristischen Moog-Synthesizer erinnern, prägten den typischen NDW-Sound und verliehen ihm einen futuristischen Touch.

Doch auch innerhalb des NDW-Labels war die stilistische Bandbreite enorm: Ob Rock, Punk, Blues, Schlager, Volksmusik oder gar atonale Klangexperimente – alles konnte und wurde der NDW zugeordnet. Manche Songs waren ernst gemeint und gesellschaftskritisch, andere ironisch, überdreht oder „einfach nur Spaß“. Dieser Facettenreichtum macht bis heute den Reiz der Bewegung aus.

Herkunft und Einflüsse

Die NDW entstand aus einem faszinierenden musikalischen Schmelztiegel. Zentral war dabei der Einfluss von Punk und Post-Punk: rohe E-Gitarren, Rebellion, DIY-Spirit. Ebenso kam aus Großbritannien eine große Portion New-Wave-Energie mit Synthie-Sounds und tanzbaren Grooves.

Auch deutsche Einflüsse wie Krautrock (zum Beispiel Kraftwerk, Neu!, Klaus Schulze) legten die Basis für die experimentelleren Seiten der NDW. Später, im Zuge der Kommerzialisierung, mischte sich schließlich auch Schlager-Ästhetik darunter – mitsamt eingängigen Refrains, Ironie und Pop-Charme.

Ein entscheidender Punkt war, dass die NDW der deutschen Sprache endlich eine Bühne im Pop gab. Bis dahin dominierten englischsprachige Songs, mit Ausnahme von Künstlern wie Udo Lindenberg, Marius Müller-Westernhagen oder Reinhard Mey. Die NDW war das erste „echte“ Pop-Phänomen, bei dem die deutsche Sprache zur Norm wurde – und damit ein kultureller Meilenstein.

Langfristige Wirkung und Bedeutung

Die NDW gilt heute als Initialzündung für die deutschsprachige Pop- und Rockmusik. Aus ihr entwickelte sich eine lebendige Independent-Szene mit einem Marktanteil von rund 20 %, die sich bis heute gegen die Übermacht der Major Labels behaupten kann. Viele damalige Songs haben Kultstatus erreicht, während andere als trashige Zeitdokumente erhalten geblieben sind.

Thomas Schwebel von der Band Fehlfarben sagte dazu:

„Die NDW war das einzig nennenswerte Pop-Ereignis in Deutschlands populärer Musik seit dem Zweiten Weltkrieg.”

Besonders spannend ist, dass der erste große Star der NDW mit Nina Hagen eine Künstlerin aus der DDR war, obwohl die Bewegung in der BRD ihren Ursprung hatte. In der DDR war das Singen auf Deutsch zwar Pflicht, doch Hagen brachte eine neue, provokante Energie mit, die perfekt zur NDW passte.

Bekannte NDW Songs

  • DAF – Der Mussolini
  • Extrabreit – Hurra, Hurra, die Schule brennt
  • Falco – Der Kommissar
  • Fehlfarben – Ein Jahr
  • Fehlfarben – Paul Ist Tot
  • Geier Sturzflug – Bruttosozialprodukt
  • Grauzone – Eisbär
  • Ideal – Blaue Augen
  • Ideal – Berlin
  • Joachim Witt – Goldener Reiter
  • Markus – Ich will Spaß
  • Nena – 99 Luftballons
  • Paso Doble – Computerliebe
  • Peter Schilling – Major Tom
  • Trio – Da Da Da
  • Trio – Los Paul

Bekannte Künstler der NDW

  • Abwärts
  • Andreas Dorau
  • DAF
  • Der Plan
  • DÖF
  • Einstürzende Neubauten
  • Extrabreit
  • Falco
  • Fehlfarben
  • Geiler Sturzflug
  • Geisterfahrer
  • Grauzone
  • Hubert Kah
  • Ideal
  • Joachim Witt
  • Kraftwerk
  • Liaisons Dangereuses
  • Markus
  • Nena
  • Paso Doble
  • Peter Schilling
  • Rio Reiser
  • Spliff
  • Trio
  • UKW

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